Informationskompetenz kritisch

Das Wort "kritisch" stammt ja vom Griechischen ab (krínein = scheiden, trennen, unterscheiden, entscheiden, urteilen) und gerade das "Unterscheiden" bzw. "auf Unterschiede achten" ist beim Thema Informationskompetenz eine wichtige Aufgabe. Unterschiede im Kontext und in der Wahrnehmung unterschiedlichster agierender Menschen und Institutionen mit unterschiedlichsten Themen gehören zu diesem Thema. Gerade im Themenfeld von Information und Kommunikation spielen solche Unterschiede wie die zwischen Objekt und Subjekt, zwischen Stoff und Form, zwischen Stabilität und Veränderung, zwischen Repräsentation und Transformation bzw. Interpretation sowie zwischen Technik und Kultur eine große Rolle.

Die kanadischen Autoren Coleen Addison und Eric Meyers (Perspectives on information literacy: a framework for conceptual understanding. Information research 18 (2013) 3) unterscheiden verschiedene Sichten auf Informationskompetenz unterschieden:

  1. "Acquistion of ‚information age‘ skills" (ACRL, Big6 Skills, …) – dies das aus meiner Sicht in Bibliotheken dominierende Verständnis
  2. "Cultivation of habits of mind" (Kuhlthau, Dervin, …)
  3. "Engagement in information-rich social practices" (Multiliteracies, Lloyd, …)

Natürlich gibt es zwischen diesen Perspektiven Übergänge, aber von oben nach unten werden diese Sichten immer ganzheitlicher gedacht. Die Autoren haben in ihrem Artikel auch deren Vorteile, Herausforderungen und – besonders interessant – auch deren Implikation auf die Rolle von „information professionals“ reflektiert.

Karsten Schuldt hat in seinem Beitrag "Anmerkungen zur Information Literacy" im Libreas-Blog auf mehrere Bücher aus dem amerikanischen Verlag Library Juice Press aufmerksam gemacht, die Information Literacy kritisch reflektieren, etwas, was ja auch dieser Blog versucht. Die kritische Sicht der von Karsten Schuldt diskutierten Aufsätze implizit die Berücksichtigung kritischer Pädagogik (z.B. basierend auf Paolo Freire und Henry Giroux). Er übernimmt aber auch die interessante Frage "Ist die Information Literacy neoliberal?", die durchaus zur ersten oben genannten Perspektive auf Informationskompetenz passt.

Hier folgen noch ein paar weitere interessante Beiträge zur "critical information literacy", die mir in letzter Zeit aufgefallen sind:

Informationskompetenz als Teil wissenschaftlichen Arbeitens

Im Wintersemester 2103/2014 wurde von mir an der TUHH in Zusammenarbeit mit KollegInnen aus der TU-Bibliothek, einer Kollegin vom FinishING-Projekt der TU-Studienberatung, einer Kollegin aus der Arbeitsgruppe Arbeit-Gender-Technik (M-1) der TU sowie einer externen Dozentin ein Seminar zum "Wissenschaftlichen Arbeiten" durchgeführt. Ein Weblog zum Seminar dient als Schaufenster und Einführung in die Seminar-Themen auch für diejenigen, die leider bei der Auslosung der 30 Plätze aus mehr als 150 Interessenten nicht erfolgreich waren. Im Kommentierten Vorlesungsverzeichnis heisst es zum Seminar:

„[Es] bietet eine Hinführung zu den vielfältigen Aspekten wissenschaftlichen Arbeitens: Themenfindung, Fachinformation, Wissensorganisation, Schreiben, Präsentieren, Publizieren. Anregungen zum Nachdenken über eigene Lern-, Informations- und Schreibprozesse – ergänzt durch praktische Empfehlungen und Tipps – erleichtern den Einstieg in die Erstellung von Bachelor- und Masterarbeiten, Arbeiten, die durchaus auch Erfüllung bringen und Spass machen können.“

Durch das Seminar hat sich auch mal wieder mein Blickwinkel auf Informationskompetenz leicht verändert. Pragmatisch gesehen möchten Studierende aus meiner Sicht im Bereich Informationskompetenz primär Antworten auf drei Fragen haben, wenn sie an ihrer Examensarbeit sitzen:

  1. Wie komme ich an Volltexte?
  2. Wie kann ich sicherer sein, nichts Wesentliches übersehen zu haben?
    • Systematische Informationssuche
    • Nutzung von Fach-Datenbanken
  3. Wie bewältige ich die Informationsflut?

Ein weiteres implizites Ziel des Seminars war es, auch mal über das Phänomen "Wissenschaft" als solches nachzudenken. Im Rahmen des normalen Curriculums besonders der Natur- und Ingenieurwissenschaften findet ein solches Reflektieren in der Regel viel zu selten statt. Hier wäre ein Ausbau von Komponenten des "Studium generale" vielerorts sicher wünschenswert. Im Seminar sollten also Rezepte und Reflexion möglichst eine Einheit bilden. Nichtzuletzt sollen, der Schluss des oben zitierten Abstracts zum Seminar deutet dies an, auch negative und positive Gefühle beim wissenschaftlichen Arbeiten nicht verschwiegen werden, wie es auch ein Life-Cycle zur wissenschaftlichen Kommunikation als eine Art von „Advanced Organizer“ zum Seminar verdeutlichen soll.

Liaison Librarians als Teil des Third Space

Ein Report der amerikanischen Association for Research Libraries (ARL) mit dem Titel "New Roles for New Times: Transforming Liaison Roles in Research Libraries" ist im August 2013 erschienen. Eine deutsche Übersetzung des schönen Begriffs „Liaison Librarian“ ist nicht einfach, vielleicht bibliothekarischeR FachspezialistIn. Beschrieben werden in dem Report jedenfalls gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen und Aufgaben, die im deutschen Bibliothekswesen bisher von Fachreferentinnen und Fachreferenten an Bibliotheken erwartet werden, aber sicher nicht auf diese zu beschränken sind.

So gefällt mir die Verschiebung zum Begriff des "functional specialist" sehr, die im Abschnitt "Trend 2: A hybrid model of liaison and functional specialist is emerging" beschrieben wird. Denn damit werden im Bereich der Hochschulbibliotheken in den letzten Jahren verstärkt zu beobachtende Bereiche von Services im Bereich Publizieren (Beispiel Webseite der TUHH-Bibliothek), aber auch von Forschungsdaten und bei der Entwicklung der Wissenschaftskommunikation insgesamt berücksichtigt. Beispiele von Bibliotheken im letzten Bereich stammen u.a. von der TIB in Hannover (Open Science Lab) und der ZBW in Hamburg bzw. Kiel (ZBW Labs), die beide auch beim Forschungsverbund Science 2.0 mit dabei sind.

Diese "functional specialists" bieten Services

"as ’superliaisons‘ to other librarians and to the entire campus. Current specialist areas of expertise include copyright, geographic information systems (GIS), mediaproduction and integration, distributed education or e-learning, data management, emerging technologies,user experience, instructional design, and bioinformatics. This dedication of resources to specific areas of proficiency is an indicator of arenas in which research libraries are assuming leadership, or at least well-defined partnership roles on campus. Libraries are identifying gaps in the services required to support teaching, learning, and research, and are responding in new and critical ways." (S. 7)

Es tut sich also etwas im Bereich der Personalentwicklung an Hochschulen. In seinem Beitrag mit dem Titel „Der Third Space als Handlungsfeld in Hochschulen: Konzept und Perspektive“ (In: Barnat, M., Hofhues, S., Kenneweg, A. C., Merkt, M., Salden, P. & Urban, D. (Hrsg.): Junge Hochschul- und Mediendidaktik. Forschung und Praxis im Dialog. Hamburg 2013, S. 27-36) beschreibt Peter Salden, der im Zentrum für Lehre und Lernen an der TU Hamburg-Harburg tätig ist, einen Bereich, in dem "die Grenzen zwischen Verwaltung und Wissenschaft" (S. 27) verschwimmen.

Dieser „dritte“ Bereich zwischen dem Administrativen und dem Akademischen "entstehe bei Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen" und agiere als „Übersetzer“ (S.30), wie es in dem theoretisch-konzeptionellen Teil über „das Dritte“ im Aufsatz heisst. Peter Salden diskutiert in seinem Beitrag aber auch deutlich Herausforderungen des Third Space an Hochschulen. Hier tauchen Sätze auf, die auch für das Fachreferat in Bibliotheken gelten können, wie

"Wenn der Third Space gegenüber der klassischen Verwaltung tatsächlich etwas Anderes sein soll, dann muss auch die konkrete Arbeitsweise eine andere sein. Dazu gehören kreatives und strategisches Arbeiten, nach verbreiteter Auffassung aber auch Wissenschaftlichkeit […]. Third Space-Beschäftigte müssen demnach die Bereitschaft mitbringen, ihre eigene Tätigkeit wissenschaftlich zu reflektieren und diese Ergebnisse der wissenschaftlichen Diskussion zur Verfügung zu stellen. […]
Derartige Tätigkeit – die ihren Ausdruck z.B. in Vorträgen und Aufsatzpublikationen finden kann – sollte aber nicht als Privatvergnügen, sondern als Teil der Personalentwicklung verstanden werden. Dies kostet die Hochschulen über die Einräumung von Zeitfenstern hinaus wenig, bedeutet im Gegenzug aber die Erhöhung der Qualität der Arbeitsergebnisse (und nebenbei auch die Sichtbarkeit der eigenen Institution sowie die akademische Glaubwürdigkeit im Inneren)." (S. 34-35)

Aus meiner Sicht sind Bibliotheken bzw. manche in Bibliotheken Arbeitende unbedingt ein Teil dieses "Third Space" bzw. sollten dies sein. Gerade aktuelle Entwicklungen – wie am Anfang dieses Beitrags beschrieben – demonstrieren dies deutlich. Aber auch Entwicklungen wie Dienstleistungs-Kooperationen z.B. an der Leibniz-Universität Hannover im Bereich Lernraum aber auch im Kleinen bei der Durchführung eines Seminars zum „Wissenschaftlichen Arbeiten" (Begleitender Blog) an der TUHH belegen dies. Letzteres wird federführend von der TU-Bibliothek in Kooperation u.a. mit Kolleginnen vom FinishING-Projekt (vormals Endspurt) der Studienberatung der TUHH und von der TU-Arbeitsgruppe Arbeit-Gender-Technik (M-1) durchgeführt. Im Optimum sind Bibliotheken zudem Teil des im Aufsatz erwähnten "Third place", "nach dem first place (= das Zuhause eines Menschen) und dem second place (= der Arbeitsplatz eines Menschen) [als …] öffentlichen Orte informellen Beisammenseins (Cafés, Kneipen…) […]" (S. 31).

Nachdenken über Open Access

"Open Up! The Politics and Pragmatics of Open Access" war der Titel eines höchst anregenden Workshops am 4. Oktober auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft vom 3. bis 5. Oktober 2013 in Lüneburg.

Nachdem kurz zuvor in Hamburg die Open-Access-Tage stattfanden (zugehörige Tweets, siehe auch die Zusammenfassung von Christian Heise), wurden in Lüneburg grundsätzliche Fragen des Open Access diskutiert, die im Programm des Hamburger Treffens wohl nur am Rande eine Rolle spielten (Im schönen von Ulrich Herb herausgegebenen Sammelband "Open Initiatives: Offenheit in der digitalen Welt und Wissenschaft" sind übrigens teilweise ebenfalls solche grundsätzlichen Fragestellungen angesprochen.):

  • Was bedeutet Offenheit eigentlich genau? Beim Workshop stellten Marcus Burkhardt und Christian Heise die Open Definition der Open Knowledge Foundation vor. Dass das Konzept der Offenheit auch kritisch zu sehen ist, wurde u.a. durch einen Hinweis auf einen Aufsatz von Nathaniel Tkacz mit dem Titel "From open source to open government: A critique of open politics" (Ephemera 12(2012)4, 386-405) betont. Ein weiterer Text zur Beantwortung der Frage stammt von Michael A. Peters: The Idea of Openness.
  • Angesichts der Entwicklung, dass heutzutage fast jeder Verlag ein Open-Access-Angebot vermarktet, dass es zweitens immer mehr Verlage gibt, deren Geschäftsmodell grenzwertig erscheint (vgl. Beall’s list) bzw. dass drittens die Qualität des Peer Reviews gerade von Open-Access-Journals hinterfragbar ist (vgl. den Hinweis und Kommentar zum aktuellen Special der Zeitschrift Science zur Wissenschaftskommunikation von Fabiana Kubke), wird deutlich, dass etwas gut Gedachtes bzw. Gemeintes auch seine Schattenseiten haben kann.
    Beim Begriff Open Access schwingen immer die Themen Peer Review bzw. Bewertung von Wissenschaft sowie auch geistiges Eigentum bzw. Urheberrecht mit. Hier ist besonders zu betonen, dass das Peer Review auch bei klassischer Verlagspublikation schon lange ein Diskussionsgegenstand ist. Auch bei der Sokal-Debatte Mitte der neunziger Jahres des letzten Jahrhunderts war dies implizit mit thematisiert.
    Ein philosophisches und systematischeres Nachdenken über Offenheit erscheint notwendig, wofür dieser Workshop für mich einen schönen Ausgangspunkt darstellte. (Ob es also die Definition von Offenheit gibt, erscheint mir damit eher fraglich.)
  • In ihrem Workshop-Beitrag mahnte die Britin Janneke Adema eine kritischere Sicht auf Open Access an, die aber nicht gleich negativ sein muss. Sie zeigte am britischen Finch-Report "Accessibility, sustainability, excellence: how to expand access to research publications", dass Open Access auch als neoliberaler Versuch gesehen werden kann, die Effizienz der wissenschaftlichen Kommunikation zu steigern, wie solche Sätze zeigen:

    "Improving the flows of the information and knowledge that researchers produce will promote

    • enhanced transparency, openness and accountability, and public engagement with research
    • closer linkages between research and innovation, with benefits for public policy and services, and for economic growth;
    • improved efficiency in the research process itself, through increases in the amount of information that is readily accessible, reductions in the time spent in finding it, and greater use of the latest tools and services to organise, manipulate and analyse it; and
    • increased returns on the investments made in research, especially the investments from public funds" (S. 5)

    Nach Janneke Ademas Meinungs impliziert "radical open access" auch ein Infragestellen jetziger Institutionen und Praktiken der wissenschaftlichen Kommunikation, des Wesens des Buches sowie des Wesens akademischer Autorenschaft und der Generierung wissenschaftlich relevanten Wissens heute. Die heutigen technischen Möglichkeiten erlauben vielfältiges Experimentieren mit Alternativen. Dabei verwies sie auch auf zwei interessante Projekte "remixthebook" und "Living Books About Life".

  • Der Inder Nishant Shah erinnerte in seinem Beitrag an die heutige Herausforderung "Big Data", in der Offenheit hinsichtlich von Datenschutz und Privatsphäre durchaus kritisch zu sehen ist. Vor kurzem schrieb er in seinem Blog unter dem Titel "Big Data, People’s Lives, and the Importance of Openness" einen Text, der so endet:

    We need to remind ourselves that engagement with data is not a sterile engagement, rendered beautiful through visualizations and infographics that can make reality intelligible. It is perhaps time to realize that Data has replaced People as the central concern of being human, social and political. Time to start re-introducing People back into debates around Data, and acknowledging that Data Informatics is People Informatics and data wars have a direct effect on the ways in which people live. And Die.

  • Mercedes Bunz, die Leiterin des diesen Workshop organisierenden, ambitionierten Projektes Hybrid Publishing Lab der Leuphana Universität, unterschied in der Diskussion nochmals zusammenfassend die unterschiedlichen angesprochenen Kontexte von Offenheit: die politische Verwaltungsebene (Open Data), die forschungs- bzw- wissenschaftsbezogene (Open Access) und die ebenfalls politische, eher veränderungsbezogene Ebene von Offenheit. Darüberhinaus werden durch Open Access größere und erweiterte Öffentlichkeiten erreicht, sowohl vom Umfang her als auch von vermittlungsbezogener, eher populärer Ebene aus gesehen.

Neuere Aufsätze zur Informationskompetenz und darüber hinaus

Was es an neuen Aufsätzen zur Informationskompetenz gibt, ist kaum noch zu verfolgen. Unten sind ein paar Beiträge der letzten Zeit zu finden, die mir besonders auffielen. Und dann steht Ende Oktober auch noch die ECIL 2013, die erste European Conference on Information Literacy, mit spannenden Beiträgen ins Haus. Als Mitglied des Programm-Komitees war ich hier auch am Review-Prozess beteiligt. Leider werde ich aber nicht an der Konferenz teilnehmen können.

Daten-Theorie

Die Dissertation von Jakob Voß mit dem Titel "Describing data patterns – a general deconstruction of metadata standards " ist nun online. Die Arbeit ist ein umfassender Beitrag zu einer Philosophie und Theorie der Daten.

Für mich sind besonders die Kapitel zu den Grundlagen wie zur "Library and information science" und zur "Philosophy" besonders interessant. Man erhält hier wie auch im Kapitel "Semiotics" kurz und knapp gelungene Überblicke zur historischen Entwicklung und zum Stand der theoretisch-philosophischen Diskussion.

Jakobs Verwendung von "Patterns and pattern languages" im Hauptteil seiner Arbeit betont die Nähe von "information science" und Design, die auch in der deutschen Geschichte der Informationswissenschaft eine Rolle spielte. Horst Rittel, der in den fünfziger Jahren an der Hochschule für Gestaltung in Ulm Lehrer war, dann in Berkeley als Professor für Design wirkte, schrieb später mit dem Chemiker Werner Kunz das Buch die "Die Informationswissenschaften : ihre Ansätze, Probleme, Methoden und ihr Ausbau in der Bundesrepublik Deutschland / Kunz, Werner u. Horst Rittel. München: Oldenbourg, 1972. Vgl zur Beziehung zwischen Information und Design auch meinen Aufsatz "Wilhelm Ostwald’s Combinatorics as a Link between In-formation and Form" (Library Trends 61 (2012) 2, 286-303) und das Buch von Claudia Mareis: Design als Wissenskultur : Interferenzen zwischen Design- und Wissensdiskursen seit 1960 (Bielefeld : transcript, 2011).

Zum Zusammenhang zwischen mathematischer Physik und Katalogen (1904)

Der französische Physiker Henri Poincaré erwähnt in seinem zuerst 1904 erschienenen Werk "Wissenschaft und Hypothese" auch Bibliotheken (Auf Poincaré im Zusammenhang mit Bibliotheken bin ich schon vor einiger Zeit beim Lesen eines Aufsatzes von Alex Csiszar gestoßen.)

„Man gestatte mir, die Wissenschaft mit einer Bibliothek zu vergleichen, welche unaufhörlich wachsen soll; der Bibliothekar verfügt für seine Ankäufe nur über ungenügende Mittel; er muß sich bemühen, dieselben nicht zu vergeuden.

Die Experimental-Physik spielt die Rolle des Bibliothekars; sie ist mit den Ankäufen beauftragt; sie allein kann also die Bibliothek bereichern.

Was die mathematische Physik betrifft, so hat sie die Mission, den Katalog herzustellen. Wenn dieser Katalog gut gemacht ist, so wird die Bibliothek deshalb nicht reicher; aber der Katalog ist für den Leser notwendig, um sich die Reichtümer der Bibliothek zu Nutze zu machen.

Indem der Katalog ferner den Bibliothekar auf die Lücken seiner Sammlungen aufmerksam macht, setzt er ihn in den Stand, von seinen Mitteln einen vernünftigen Gebrauch zu machen; und das ist um so wichtiger, als diese Mittel gänzlich ungenügend sind.

Das ist also die Rolle der mathematischen Physik, sie muß die Verallgemeinerang in dem Sinne leiten daß sie, wie ich mich soeben ausdrückte, den Nutzeffekt der Wissenschaft erhöht. …“

(Zitiert nach Henri Poincaré: Wissenschaft und Hypothese. 2., verb. Aufl. Leipzig : Teubner, 1906. S. 146.)

Weil so schön ist, das Ganze auch noch in Englisch:
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Von der Archäologie von "Information literacy" zur "Radical information literacy"

In letzter Zeit wurde ich immer mehr auf die Arbeiten des britischen Erziehungswissenschaftlers Drew Whitworth aufmerksam, der schon 2009 das Buch "Information obesity" (obesity = Fettsucht) publiziert hat, dass in Ausschnitten auch online verfügbar ist.

Aktuell wurde von Whitworth ein frühes Dokument, in dem der Begriff "information literacy" auftaucht, online gestellt und mit einer kommentierenden Einführung versehen: Lee G Burchinal Rede auf der "Texas A & M Library Bicentennial conference" 1976 mit dem Titel "The Communications Revolution: America’s Third Century Challenge".

Interessanterweise sind Whitworths historische Aktivitäten eine Grundlage für ein geplantes Buch mit dem Titel "Radical information literacy". In den Präsentationen von Whitworth auf Prezi findet sich eine sehr spannende Darstellung des geplanten Buches. Whitworths theoretischer Hintergrund ist u.a. der russische Literaturwissenschaftler und Philosoph Michail Bachtin. Auch die Präsentation zu "Information counselling : helping communities visualise and optimise their informational environments" geht über klassische Sichten auf Informationskompetenz hinaus. Hier heisst es zur "Radical information literacy":

"’Radical IL‘ is a wider and more democratic distribution of authority over information; requiring moves in both learning and practice."

Eine weitere sehr interessante Darstellung von Whitworth über wissenschaftliches Arbeiten und Forschung mit dem Titel "Research: an end, a means or a culture?" umfasst ein "triadic model of informational relationships".

Whitworths Arbeiten unterstützen ein notwendiges kritisches Nachdenken über information literacy und darüber hinaus:

" … we need a conception of IL that focuses not only on LEARNING, but on TRANSFORMATION"

(‚Slide‘ 32 von Radical information literacy)

LSD für das wissenschaftliche Arbeiten

Auf Markus Krajewski’s Buch "Lesen Schreiben Denken : zur wissenschaftlichen Abschlussarbeit in 7 Schritten" (Wien: Böhlau / UTB, 2013) war ich sehr gespannt. Obwohl ich ja eigentlich nicht mehr so viel "Stuff" ansammeln will (wobei im gerade verlinkten Text Bücher ausdrücklich ausgenommen sind! 😎 ), wird LSD – nicht LSD – doch Teil meiner Bücherregale werden.

Das Buch bietet mit seinen 7 Schritten – Themenfindung, Recherche, Lektüre, Verzetteln, Verfassen, Zitieren und Formatieren – eine leicht lesbare und kompakte Einführung in modernes Arbeiten in den Geistes- und Kulturwissenschaften. Aber auch Studierende anderer Fachrichtungen können das Buch mit Gewinn lesen. Bei jedem Schritt werden wichtige Anregungen zum Nachdenken gegeben, aber auch viele kleine Tricks und Kniffe erwähnt. Es gibt sogar ein "Lob von LaTeX" (S.99).

Schon der Titel betont, worauf es beim wissenschaftlichen Arbeiten wirklich ankommt: "Wissenschaftlich schreiben heißt vor allem denken." (Zitat ist Titel eines Aufsatzes mit dem Untertitel "Zwölf Techniken für mehr Effizienz" von Philipp Mayer, in: Das Hochschulwesen, 58 (2010) 1, S. 28-32). Mit dem Band wird für mich auch das Begriffspaar Rezept / Reflexion angesprochen. Damit meine ich das auch in anderen Bereichen wie z.B. der Erziehung oder dem Lehren oft vorkommende Fragen nach (Patent-) Rezepten beim wissenschaftlichen Arbeiten oder eben beim pädagogischen Handeln in der Lehre. Rezepte können als Werkzeug in bestimmten Kontexten hilfreich sein, aber das Wesentliche beim wissenschaftlichen Arbeiten, Lehren usw. ist es aus meiner Sicht, selbst Erfahrungen zu sammeln, sich selbst dabei über die Schulter zu schauen und dann darüber nachzudenken, was man für sich in der konkreten Herausforderung in Zukunft besser machen kann. Das Wesentliche also ist Reflexion über das eigene Handeln.

Natürlich bin ich für eine Beurteilung des Buches voreingenommen, da ich Markus Krajewski schon lange auch persönlich kenne und seine Texte seit seiner Zettelwirtschaft (Link zu einer Rezension, S. 317-318) immer wieder mit Vergnügen lese. Gerade illustrierende Beispiele aus der eigenen Forschung von Krajewski machen dieses Buch für jemanden wie mich, dessen Interessen sehr ähnlich gelagert sind, besonders lebendig.

Was im Buch von Markus Krajewski sicher nicht explizit genug thematisiert wird, ist ein für mich zum Thema „Wissenschaftliches Arbeiten“ gehörendes Nachdenken über Wissenschaft als Institution und damit verbunden über Kennzeichen von wissenschaftlichen Texten oder von Wissenschaftlichkeit. Ergänzend lohnt es sich, hier z.B. in das Bändchen "Wissenschaftssprache : eine Gebrauchsanweisung" von Valentin Groebner (Konstanz : Konstanz Univ. Press, 2012, hier den Teil "Ein bisschen Feldforschung") oder in den Klassiker "Uni-Angst und Uni-Bluff heute : wie studieren und sich nicht verlieren" von Wolf Wagner (Aktualisierte und vollst. überarb. Neueusg., 3. Aufl. der Neuausg. Berlin : Rotbuch-Verl., 2012) zu schauen.

Implizit ist dieses Buch auch eine Einführung in eine Kulturgeschichte wissenschaftlichen Arbeitens, die bisher noch nicht geschrieben wurde. Ich selbst will mich irgendwann mal an so etwas wie eine Geschichte von (vor allem bibliothekarischer) Aktivitäten zur Förderung von Informationskompetenz und wissenschaftlichem Arbeitens machen. Dazu harrt immer noch das Werk "Versuch einer Bibliographie zur bibliothekarischen Wissenschaftspädagogik im deutschsprachigen Gebiet : 1500 – 1970" von Dieter Schmidmaier (Freiberg: Bibliothek der Bergakademie, 1970) auf Auswertung meinerseits in heimatlichen Bücherregal.

Und diese Geschichte begann schon früh, wie nicht nur die eben genannte Bibliografie zeigt. Schon am Ende des 18. Jahrhunderts wurden beispielweise viele Publikationen zur sogenannten Hodegetik, als "Lehre von der Anleitung zum Universitätsstudium" publiziert, zu deren Geschichte ein Mitherausgeber einer auch heute noch publizierten Anleitung zum wissenschaftlichen Arbeiten einen schönen Aufsatz geschrieben hat: Joachim Stary: Hodegetik oder "Ein Mittel gegen das Elend der Studierunfähigkeit". Eine historische Betrachtung. (Das Hochschulwesen. 42, 1994, 4, S. 160–164). Nicht zuletzt wird in Krajewskis Buch zum wissenschaftlichen Arbeiten übrigens auch Wilhelm Ostwald erwähnt, der Lesenden dieses Blog nicht unbekannt sein dürfte. Das erwähnte Buch ist übrigens "Die Technik wissenschaftlichen Arbeitens : eine praktische Anleitung" (Norbert Franck und Joachim Stary (Hrsg.) 16., überarb. Aufl. Paderborn: Schöningh, 2011). zu dem auch Krajewski ein Kapitel zu elektronischen Literaturverwaltungen beigesteuert hatte.

Weiteres zum Thema Wissenschaftliches Arbeiten und Wissenschaftliches Schreiben:

Auf den Spuren von Paul Otlet

In der belgischen Zeitschrift "Cahiers de la documentation / Bladen voor documentatie" erschien im Juni 2012 eine Sondernummer mit dem Titel "Sur les traces de… / In het spoor van… Paul Otlet". Die PDFs nicht nur zu Paul Otlet, der in diesem Blog öfters mal erwähnt wird, sind nun frei verfügbar.

Hier die englischen Beiträge in diesem Heft:

Publiziert wird ab diesem Heft unter dem Titel "Bibliografische ondernemingen rond 1900" in mehreren Teilen auch die grundlegende Dissertation von Paul Schneiders, die ursprünglich mit dem Titel "De bibliotheek- en documentatiebeweging 1880-1914; bibliografische ondernemingen rond 1900" (Amsterdam, Univ., Literaturwiss. Fak., Diss., 1982) erschienen ist.

Eine Kritik des Kompetenzbegriffs

In der neu erschienenen Festschrift "Hochschuldidaktik im Zeichen von Heterogenität und Vielfalt : Doppelfestschrift für Peter Baumgartner und Rolf Schulmeister" (hrsg. von Gabi Reinmann, Martin Ebner, Sandra Schön. Norderstedt: Books on Demand, 2013), die online frei verfügbar ist, findet sich ein Beitrag von Gabi Reinmann mit dem Titel "Lehrkompetenzen von Hochschullehrern: Kritik des Kompetenzbegriffs in fünf Thesen" (S. 215-234).

Hier die fünf Thesen, die mir bis auf die vierte auch in den Bereich Informationskompetenz hinein übertragbar und diskussionswürdig erscheinen:

  1. Dem Kompetenzbegriff ist das genuin Pädagogische abhandengekommen.
  2. Kompetenzdefinitionen haben ein gestörtes Verhältnis zum Wissen.
  3. Die Kompetenzdiskussion hat etwas von einer Tugendethik.
  4. Kompetenzmodelle für Hochschullehrer sind unspezifisch für die Profession.
  5. Ein Verzicht auf den Kompetenzbegriff wäre hochschuldidaktisch vorteilhaft.

Gerade im Text zur letzten These steht eine Frage (S. 228), die man problemlos auf Informationskompetenz übertragen kann:

Wie wäre es denn, wenn wir nicht Lehrkompetenzen [Informationskompetenz sic!] fördern, sondern das Wissen um Lehre [das Wissen um Information und Informationsprozesse], das Können in der Lehre [das Können beim Informieren, Schreiben, Zitieren, Publizieren usw.] und die Haltung zur Lehre [die Haltung zum kritischeren und bewussteren Umgang mit Information] positiv verändern wollten? Was wären die Gefahren und was die Chancen, wenn man auf den Kompetenzbegriff verzichten und in seine wichtigsten Komponenten zerlegen würde?

Folgende weitere Beiträge in der Festschrift sind mir noch besonders aufgefallen:

  • Muster und digitale Werkzeuge für kreatives Denken im Hochschulstudium (Christian Kohls), S. 113ff
  • Bloggen und Microblogging in Lehrveranstaltungen – Variationen aus sieben Jahren eigener Lehrpraxis (Andrea Back), S. 151ff

Warum Geschichte?

"Information Systems history: What is history? What is IS history? What IS history? … and why even bother with history?" fragen Antony Bryant, Alistair Black, Frank Land and Jaana Porra in einem frei zugänglichen Beitrag in der Zeitschrift "Journal of Information Technology" der am Anfang von zwei Sonderheften mit dem Motto "Special Issue on History in IS" steht (Journal of Information Technology 28 (2013) 1-17).

Ein paar Kapitel-Überschriften, die vielleicht neugierig darauf machen, über die Frage "Wozu Geschichte?" nachzudenken:

  • History as disciplinary veneer (Fassade!)
  • History as collective memory and identity
  • History as teleology
  • History as a meeting of ourselves as ‘Other’
  • The uses of history

Hier noch zwei Beispiele, wie eine historische Betrachtungsweise Reflexionen aktueller Problemfelder fördern kann:

Noch ein paar Neuerscheinungen zur Informationsgeschichte:

  • Das Buch "International perspectives on the history of information science and technology : proceedings of the ASIS&T 2012 Pre-conference on the History of ASIS&T and Information Science and Technology" hrsg. von Toni Carbo und Trudi Bellardo Hahn (Medford, NJ: Information Today, 2012) erschien anläßlich des 75-jährigen Jubiläums der ASIST, die jetzt nur noch "Association for Information Science and Technology " heisst. Der Band enthält u.a. auch einen Aufsatz zur deutschen Informationsgeschichte: Pioneers of Information Science in Europe: The Œuvre of Norbert Henrichs von Katharina Hauk und Wolfgang G. Stock (S. 151ff). Weitere Beträge beschäftigen sich mit der Geschichte des Annual Review of Information Science and Technology, von Brenda Dervins Sense-making methodology, der französischen Informationswissenschaften, des niederländischen Informationspioniers Donker Duyvis u.a.
  • "Vor Google : eine Mediengeschichte der Suchmaschine im analogen Zeitalter" hrsg. von Thomas Brandstetter, Thomas Hübel und Anton Tantner (Bielefeld : Transcript-Verl., 2012, Einleitung als pdf) U.a. über Staatskalender, Diener, Anzeigenblätter, Vannevar Bushs Memex sowie die frühe Bibliometrie
  • Das Lehrbuch "An introduction to information science" von David Bawden and Lyn Robinson (London: Facet Publ., 2012, Kapitel 1 als pdf) enthält als Kapitel 2 "History of information: The story of documents" eine gute Zusammenfassung zur Geschichte der Information. Im Eingangskapitel gibt es zusätzlich ein paar Abschnitte zur Geschichte der Informationswissenschaft.

    Mit dieser besonderen Betonung der Geschichte unterscheidet sich das Lehrbuch von zwei fast parallel erscheinenden Lehrbüchern zur Informationswissenschaft, die beide historische Zusammenhänge kurz nur in allgemeinen Grundlagen-Kapiteln erwähnen:

    • Introduction to information science and technology / Charles H. Davis and Debora Shaw (Eds.) Medford, NJ : Information Today, 2011 (in Chapter 2: Foundations of Information Science and Technology).
    • Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation : Handbuch zur Einführung in die Informationswissenschaft und -praxis / Rainer Kuhlen, Wolfgang Semar, Dietmar Strauch (Hrsg.) 6., völlig neu gefasste Ausg. Berlin: De Gruyter Saur, 2013 (In Kapitel A.1 Information – Informationswissenschaft).

Diskussionen um Informationskompetenz

Karsten Schuldt spricht mit seinem Beitrag "Das Unbehagen mit der Informationskompetenz" wichtige Diskussionspunkte zum Verständnis von Informationskompetenz an.

Mit den sich laufend weiterentwickelnden Informationslandschaften müssen bisherige Konzepte und Praxis zur Förderung von Informationskompetenz auch weiterentwickelt werden. Deshalb finde ich solche Diskussionen immer wieder sehr wichtig und erhellend. Die bisherige Popularität des Themas Informationskompetenz im Bibliotheksbereich hat ganz sicher auch mit der historischen Situation von Bibliotheken zu tun. Darum ist ein grundsätzliches Hinterfragen immer wieder wichtig!

Information literacy wurde von einem amerikanischen Kollegen mal als „critical attitude“ beschreiben und auch für mich ist dies ein wesentlicher Kern von Informationskompetenz (IK). Meine eigene, eher theoretisch orientierte Haltung habe ich letztes Jahr im "Handbuch Informationskompetenz" publiziert (als Preprint nun auch Open Access zur Verfügung). Eine kürzliche Rezension des Handbuches von Lars Müller, über die ich mich aus verständlichen Gründen sehr gefreut habe, ist gerade bei Libreas erschienen.

Seit die TU-Bibliothek ihr Discovery-System TUBfind als primären Sucheinstieg nutzt, hat sich der Zugriff auf ihre elektronischen Volltext-Ressourcen erheblich gesteigert! Das Argument, lieber Informationssysteme zu verbessern statt zu viel Aufwand in IK-Aktivitäten zu stecken, ist so alt, wie das Thema IK selbst. Aus meiner Sicht ist beides notwendig. Aber die Frage ist, was genau wird mit IK gemeint (kann auch eine uferlose Diskussion sein, ist halt eine „diskursive Konstruktion“ der Begriff 😎 ) und wie kann man diese (nicht nur die Diskussion, sondern das, was mit information literacy gemeint ist!) sinnvoll fördern. Letzteres ist auch durch Marketing-Massnahmen, durch den Einsatz von Embedded Librarians, durch qualifizierte Beratung an der Information / Auskunft (die leider immer weniger nachgefragt wird), durch eine klaren, strukturierten und nicht überladenen Webauftritt oder z.B. durch interessante Blog-Beiträge, wie es sie von vielen Bibliotheken gibt, möglich.

Ich finde das Thema IK und deren Förderung immer dann fraglich, wenn es als Begründung für ein Überleben von Bibliotheken herhalten muss, wobei oft so getan wird, dass Bibliotheken die einzigen sind, die Informationskompetenz als Themenfeld beackern, was ja mitnichten der Fall ist. Zudem habe ich manchmal den Eindruck, dass man auf bibliothekspolitischer Bühne etwas überzogene Vorstellungen zum Thema hat. Man darf bei welchem Thema auch immer das jeweilige Thema bibliothekspolitisch nicht den jeweiligen Experten überlassen. 😎

Auch anderswo gibt es viele Diskussionen, wie Bibliotheken am besten das (sogar lebenslange) Lernen und Informationskompetenz fördern koennen. Hier ein paar Beispiele:

Warum jonglieren?

Vor mehr als 15 Jahren hatte ich mal im Rahmen eines Urlaubs zusammen mit meinen Söhnen angefangen, Jonglieren zu lernen. Seit drei Jahren, nachdem Jonglieren durch meine Initiative immer wieder eines der Themen des Standes der TU-Bibliothek beim alljährlichen Sommerfest der TUHH war, habe ich mich intensiver damit beschäftigt.

Beim Jonglieren lernt man etwas über das Lernen, wie folgendes Zitat von Claude E. Shannon (1916-2001) betont. Dieser Mathematiker und Ingenieur, Theoretiker der Information und Begründer der technischen Kommunikationstheorie, konstruierte sogar Jonglier-Maschinen!

“The art of juggling in all its many forms is that of learning the appropriate responses to stabilize unstable situations.”

Jonglieren kann aber auch Metapher für den Umgang mit Informationen in unserer modernen Informationsgesellschaft sein! Ja, viele Erfahrungen, die man beim Jonglieren macht, sind beim wissenschaftlichen Arbeiten und Schreiben, insbesondere auch im Management oder gar ganz allgemein in der zwischenmenschlichen Kommunikation nützlich!

Folgendes lernt man beim Jonglieren u.a.:

  • Geduld haben!
  • Loslassen können!
  • Kopf und Körper zusammenspielen lassen!
  • Den Kopf von Überflüssigem befreien!
  • Veränderungen erscheinen schwer und müssen schrittweise erarbeitet werden!
  • Misserfolge (hier besonders Bücken und Aufheben!) gehören zum Lernprozess!

Ansonsten, Jonglieren macht einfach Spass und ist aktive Entspannung!

(Zitat von Shannon aus dem Buch von Axel Roch: Claude E. Shannon: Spielzeug, Leben und die geheime Geschichte seiner Theorie der Information. Berlin: gegenstalt Verlag, 2009. S. 167)