Learning and information literacy tutorials

Im Frühjahr 2008 fand an der Aalborg University Library eine internationale Konferenz mit dem Titel „Learning, Innovation and the Use of Information“ statt, auf der ich gerne dabeigewesen wäre. Die Präsentationen dieser Konferenz und die begleitenden Papiere sind ein genaueres Studium wert.

In einem der letzteren befindet sich folgende Beschreibung von Informationskompetenz:

We perceive information literacy as the ability to evaluate, select and/or act in a situation where you need to find or use that which makes a difference in solving an information problem. Information literacy is the individual’s ability to move between levels of action and reflection (meta-level) in the understanding and handling of his/her information need, and the ability to use the result in the process that lies ahead. What one person considers being information may not necessarily be information in the eyes of somebody else i.e. information is interpreted data. Whatever meaning is being created eventually depends on the individual’s construction of knowledge.

Basierend u.a. auf den Forschungen von Carol C. Kuhlthau und Jannica Heinstroem wurde in Aalborg ein Tutorial entwickelt, das den Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens und Lernens mit narrativen Hilfsmitteln bewusst macht [Zugefügt 16.2.2009: Link zum Tutorial SWIM]. Nutzende des Tutorials müssen im Rahmen einer Handlung Entscheidungen treffen, die dann das weitere Geschehen beeinflussen. Sie sind also Teilnehmende des „Films“. Damit ähnelt der Ansatz dem Konzept des Lerntheaters, das mein Kollege Detlev Bieler im Modul Publizieren des Tutorials VISION (VIrtual Services for Information ONline) der TUHH-Bibliothek verwirklicht hat.

Problem all dieser Angebote ist für mich, dass Studierende sich dafür explizit Zeit nehmen müssen und solche Angebote damit nur diejenigen nutzen, die eh schon sensibel für das Thema Informationskompetenz sind. Eine Integration dieser Tutorials in normale Pflicht-Lehrveranstaltungen könnte hier vielleicht helfen, aber nur dann, wenn dies dort Teil einer wirklichen Projekt-Aufgabe ist.

Zu einem weiteren Tutorial ist gerade in der Online-Zeitschrift „Issues in Science and Technology Librarianship“ (Fall 2008) ein Aufsatz mit dem Titel „An Undergraduate Science Information Literacy Tutorial in a Web 2.0 World“ veröffentlicht worden. Das Tutorial selbst ist inhaltlich sehr interessant für eine technische Universität. Es besteht allerdings „nur“ aus leicht animierten Texten.

Informationskompetenz und Standards

Anfang November fand in Köln ein Workshop zum Thema „Informationskompetenz – Nationale Standards“ statt, von dem die Präsentationen auf den Webseiten des HBZ nun online sind.

Nicht zufällig kommt meiner eigenen Position zu Standards der Beitrag von Anne May am nächsten, die u.a. von den Aktivitäten des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (GBV) berichtet hat. Ich würde jedenfalls die Bedeutung von Standards nicht überbewerten.

Ein australischer Kollege hat „information literacy“ mal eher als „learning and research skills“ bezeichnet. Dies ist für mich ein Kernpunkt, dass Informationskompetenz ganz eng mit dem Lernen verknüpft ist! Sie hat eine methodische Komponente (dies ist das Gebiet, was bisher hauptsächlich von Bibliotheken beackert wird), eine Reflektions-Komponente (im Sinne des englischen „critical thinking“) und eine dritte, eher inhaltliche Komponente, die man so bezeichnen kann: „Informationskompetenz 2.0 umfasst mehr als Lernen mit Information, es ist verstärkt Lernen über Information“.

Auch ein Pionier des chemischen Informationswesens!

In der Zeit Nr. 48 vom 20. November 2008 befindet sich auf Seite 44 ein ganzseitiger Artikel über Dimitri Stein, der auch für die Geschichte des chemischen Informationswesens Einiges geleistet hat. Leider ist dies in diesem Artikel nicht erwähnt worden.

Dimitri Stein durfte unter den Nazis nicht Doktor werden. Jetzt hat er seine Promotion, die ihm 1943 verwehrt wurde, an der TU Berlin vollendet.

Stein war auch Freund von Erich Pietsch, dem langjährigen Leiter des Gmelin-Institutes für Anorganische Chemie (1936-1967) und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Dokumentation (1956-1961). Stein hatte Pietsch kurz vor Kriegsende kennengelernt und war in den 50er und 60er Jahren Kontaktperson des Gmelin-Institutes in den Vereinigten Staaten. Er unterstätzte Pietsch dabei, Kenntnisse zur mechanischen Dokumentation, die damals mittel PCs, 😎 also Punched Cards bzw. Lochkarten erfolgte, nach Deutschland zu bringen und den internationalen Wissensaustausch in diesem Bereich zu fördern. Pietschs Aktivitäten legten die Grundlage für die internationalen Beziehungen des deutschen Informationswesens in den sechziger Jahren.

Mehr zu Pietsch und hier besonders bzgl. Stein (S. 331f) in meinem Aufsatz: Erich Pietsch: International Connections of a German Pioneer in Information Science, in: The History and Heritage of Scientific and Technological Information Systems: Proceedings of the 2002 Conference / W. Boyd Rayward and Mary Ellen Bowden, Editors. Information Today, Inc., Medford, New Jersey, 2004. S. 327-338. Die Proceedings dieser Konferenz sind frei im Netz verfügbar!

Noch mehr zu Pietsch auf deutsch: T.Hapke: Erich Pietsch – Information und Dokumentation im Spannungsfeld zwischen Staat und Nutzer. In: Informationspolitik ist machbar?! Reflexionen zum IuD-Programm 1974-1977 nach 30 Jahren / Josef Herget, Sonja Hierl, Thomas Seeger (Hg.). Frankfurt a.M.: DGI, 2005. S. 43-58. (Preprint)

Ostwald immer digitaler!

Zu den schon in diesem Blog erwähnten Digitalisaten von Ostwalds Werken sind jetzt auf deutschen Servern weitere dazugekommen:

(Zusatz 24.11.2008:) Im Rahmen des zuletzt erwähnten Projektes fand vom 20. bis 21.11.2008 in Leipzig eine Konferenz statt mit dem Titel „An den Grenzen der Wissenschaft. Die ‚Annalen der Naturphilosophie‘ und das natur- und kulturphilosophische Programm ihrer Herausgeber Wilhelm Ostwald und Rudolf Goldscheid„, an der auch der Autor dieses Blogs teilnehmen durfte.

Und wieder Paul Otlet …

Nach meinem kurzen Vortrag im Rahmen der Mitgliederversammlung der DGI auf der 30. DGI-Online-Tagung (zugleich 60. Jahrestagung der DGI) am 16. Oktober 2008 mit dem Titel „Information damals – Otlet & Co : Ein Ausflug in die Frühgeschichte der modernen Informationsgesellschaft“ wurde ich von Ulrike Spree, die wieder ihr Seminar „Klassiker der Wissensorganisation/des Information Retrieval“ veranstaltet, auf einen Film über Paul Otlet mit seinem Biografen Boyd Rayward mit dem Titel „Alle Kennis van de Wereld (Biography of Paul Otlet)“ (1998) hingewiesen, den ich bisher noch nie wirklich bewusst wahrgenommen habe! 😎

Mein Vortrag in Frankfurt zeigte einige Bilder aus Mons und ging dann aber auf Wilhelm Ostwald, Erich Pietsch und andere weniger bekannte deutsche Pioniere des Informationswesens ein.

Mehr zu Otlet auf Boyd’s Webseite, mehr zu Ostwald siehe auch meinen Text: Wilhelm Ostwald zu Organisation und Medium wissenschaftlicher Information und Kommunikation (Vienna Knowledge Net, 2008).

Die Website des Vienna Knowledge Net enthält interessante Texte rund um die digitale Welt und ihre Geschichte, so auch einen Aufsatz von Markus Krajewski mit dem Titel „Zitatzuträger. Aus der Geschichte der Zettel/Daten/Bank“

Frühe Suchmaschinen

Aus dem bibliothekarischen Weblog netbib hier der Hinweis auf eine Tagung in Wien zur Geschichte von Suchmaschinen unter dem Titel „Vor Google – Suchmaschinen im analogen Zeitalter“.

Besonders interessant ist das ebenfalls in netbib erwähnte Interview mit den Organisatoren der Tagung auf der Website des ORF, wird doch hier auch auf einen Zusammenhang zwischen Informationsgeschichte und Informationskompetenz hingeiwesen! 8-)!

ORF.at: Gibt es einen neuen Trend in den Sozial- und Geisteswissenschaften, sich angesichts von Google und anderen Werkzeugen mit diesen Fragen zu beschäftigen?
Anton Tantner: Es gibt tatsächlich, aus der Bibliothekswissenschaft kommend, Informationswissenschaftler, die sich auch historisch damit beschäftigt haben. Die große Frage ist auch die nach der „digitalen Generation“, die sozialwissenschaftlich intensiv beforscht wird. Wie organisieren Schulkinder im Internet-Zeitalter ihr Wissen? Wie verwenden sie Suchmaschinen? Das wird in Zukunft auch immer wichtiger für die universitäre Lehre. Was sollen Hochschullehrer in Zukunft vermitteln?

60. Jahrestagung der DGI – Jubiläumsheft

Das Heft 6-7 des Jahrgang 59 (2008) der Zeitschrift „Information – Wissenschaft und Praxis“ enthält anläßlich der 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Informationswissenschaft und Informationspraxis u.a. interessante Beiträge zur Geschichte des deutschen Informationswesens und zum Thema Informationskompetenz:

  • Ein Editorial von Rainer Kuhlen: Auch über die Sechzig hinaus müssen Wissen und Information verfügbar bleiben.
  • Grussworte von ehemaligen Präsidenten der DGD/DGI: Peter Canisius, Arnoud de Kemp und Joachim-Felix Leonhard.
  • Ein Rückblick auf terminologische Arbeit im Dokumentationswesen von Axel Emert mit dem Titel: Begriffsordnung und Terminologie – Seit jeher unverzichtbar für die Dokumentation? (A-)KTS: Ein DGI-Komitee: Tradition, Zukunft, Aufgaben
  • Feiern wir wirklich den 60. Geburtstag der Deutschen Gesellschaft für Dokumentation? fragt Eberhardt Gering
  • Den Abdruck des Manuskripts einer Vorlesung des von 1951 bis 1955 Ersten Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Dokumentation (DGD), Prof. Dr. Hans Wilhelm Eppelsheimer (1890-1972), unter dem Titel „Vorlesungen zum Thema Bibliothekswesen und Dokumentation“ – Förderung von Informationskompetenz damals!
  • Eine Denkschrift der Deutschen Gesellschaft für Informationswissenschaft und Informationspraxis (DGI e.V.) zur Förderung der Informationskompetenz im Bildungssektor von Luzian Weisel und Alexander Botte – Förderung von Informationskompetenz heute!

Noch eine Anmerkung zum Beitrag von Eberhardt Gering, der die Frage zum 60-jährigen Jubiläum der Reaktivierung der DGD 1948 aufgreift, eine Diskussion, die vor 10 Jahren mit dem Aufsatz von Hansjoachim Samulowitz aus historischer Sicht behandelt wurde: 50 Jahre DGD? Anmerkungen zur „verschollenen“ Vorgeschichte der DGD. In: Nachrichten für Dokumentation 49(1998)6, S.331-332. Vor zwei Jahren hat Hansjoachim Samulowitz ein weiteres Mal etwas dazu geschrieben: Zur Gründungsgeschichte der Deutschen Gesellschaft für Dokumentation. In: Nachrichten für Dokumentation, ISSN 0027-7436, Bd. 57 (2006), 4, S.191-196.

Von einem Vergessen der Gründungsgeschichte der DGD kann aus meiner Sicht keine Rede sein. Dass die DGD während der Zeit des Nationalsozialismus mit der gesamten Dokumentation Teil der Kriegswirtschaft war und auch eine propagandistische Rolle spielte, hat ja schon Elke Behrends in ihrer Dissertation dargestellt (Technisch-wissenschaftliche Dokumentation in Deutschland von 1900 bis 1945 : unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses von Bibliothek und Dokumentation / Behrends, Elke. Wiesbaden : Harrassowitz, 1995). Auch Erich Pietsch, der Vorsitzende der DGD nach Eppelsheimer, war ja in der NS-Zeit kein Heiliger und hat seine Rolle gespielt. Anpassung sowie Mitläufertum und das ‚Vergessen‘ derselben sind bei den in der DGD während und nach dem Kriege aktiven Personen genauso zu konstatieren wie bei den meisten anderen Deutschen, die diese Zeit mitgemacht haben.

Hier noch der Hinweis auf einen weiteren Beitrag zur Geschichte der DGD von Marlies Ockenfeld und Herrn Samulowitz auf der Konferenz 2002 in Philadelphia mit dem Titel „Libraries and Documentation in Germany: A Long-Lasting Conflict„.

Derek de Solla Price und die Geschichte der Scientometrie

Themenheft der Zeitschrift Research Trends des Verlages Elsevier bzw. seiner Tochter Scopus zum Wissenschaftswissenschaftler Derek de Solla Price, der besonders durch sein Buch „Little Science, Big Science“ bekannt wurde. Price hatte einigen Einfluss auf die Entwicklung von Scientometrie, Informetrie bzw. Bibliometrie.

Informationskompetenz auf der GMW-Tagung 2008

Wenn man schon auf Augsburger Seiten surft, sollte man den Blog von Gabi Reinmann „e-Denkarium“ nicht vergessen! Hier finden sich Berichte und Hinweise auf die Jahrestagung 2008 der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW).

Der Tagungsband ist im Volltext online und enthält im zweiten Abschnitt Beiträge unter dem Titel „Medien- und Informationskompetenz“ Kompetenzen von Studierenden und Lehrenden entwickeln“, unter anderen auch von der im letzten Blog-Eintrag erwähnten Nina Heinze und zum Thema E-Portfolios.

Bei den Poster-Beiträgen ist auf Seite 327 auch die Vorstellung des Online-Tutorials VISION der TUHH-Bibliothek durch meinen Kollegen Detlev Bieler dabei. Der Titel des Posters ist „‚Wissen aufgreifen, wie einen Stein am Strand …‘. Möglichkeiten der Visualisierung als didaktisches Mittel.“ Auf dem hier schon erwähnten Bibliothekartag 2008 in Mannheim hatte Detlev das Projekt ebenfalls vorgestellt.

Fortbildungsveranstaltung in der ZBW auch mit dem Thema Informationskompetenz!

Die Vorträge einer in der Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (ZBW) am Standort Hamburg stattgefundenen Fortbildungsveranstaltung für Fachreferentinnen und Fachreferenten der Wirtschaftswissenschaften stehen online zur Verfügung!.

Mein eigener Beitrag hatte den Titel „Zwischen Dewey und Dewey! Veränderungen in der Sicht auf Informationskompetenz (nicht nur) durch das Web 2.0“.

Auch eine Pressemitteilung wurde veröffentlicht.

Die Linkliste am Ende führt zu einer für mich neuen Untersuchung zur Informationskompetenz der Universität Augsburg von Nina Heinze mit dem Titel „Bedarfsanalyse für das Projekt i-literacy: Empirische Untersuchung der Informationskompetenz der Studierenden der Universität Augsburg“. Das Institut für Medien und Bildungstechnologie der Universität Augsburg beschäftigt sich unter dem Label „i-literacy“ nun auch mit dem Thema Informationskompetenz.

Suchmaschinen und Informationskompetenz

Da gerade „Alternativen zu Google“ ein Thema ist, hier ein Hinweis auf einen frei im Netz verfügbaren Aufsatz-Sammelband zum Thema Suchmaschinen von acatech, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften:

Wie arbeiten die Suchmaschinen von morgen? : Informationstechnische, politische und ökonomische Perspektiven / Friedemann Mattern (Hrsg.). Stuttgart : Fraunhofer IRB Verl., 2008

Der letzte kurze Beitrag von Rudi Schmiede mit dem Titel „Auf dem Weg in die Google-Gesellschaft?“ (S. 127-133) enthält ab S. 129 Grundlegendes zur Unterscheidung von Information und Wissen und danach interessante Bemerkungen zum Thema Informationskompetenz. Diese machen einerseits deutlich , dass Informationskompetenz nicht alles umfasst und nicht die wichtigste Kompetenz ist, wie wir Bibliothekare manchmal glauben wollen, betonen aber andererseits doch deren Wichtigkeit! 8-).

Für den Umgang mit Informationen und Wissen erforderliche Fähigkeiten werden gewöhnlich mit den Begriffen „Informationskompetenz“ oder „Medienkompetenz“ beschrieben. Die damit beschriebenen Anforderungen reichen jedoch für die Bewältigung der mit Wissensarbeit verbundenen Aufgaben nicht aus, denn die für die gegenwärtige Entwicklung zentrale Kompetenz ist die an die Person gebundene Fähigkeit zur Vermittlung zwischen Informationen und Wirklichkeit, mit anderen Worten die Kontextualisierungsfähigkeit. Diese wird jedoch durch Tendenzen zur Umwertung von Wissen gefährdet: An die Stelle von „wahr“ oder „falsch“ treten Kriterien der Zugänglichkeit wie „digital“ oder „nicht-digital“, „gegoogelt“ oder „nicht gegoogelt“. Dagegen ist gerade das Wissen
um und über das Nicht-Wissen – wie die Philosophen und Soziologen Norbert Bolz, Nina Degele und Helmut Willke betonen – von rasch wachsender Bedeutung; und dieses Wissen wird durch die genannten Zugänge überhaupt nicht eröffnet. Zentral für den menschlichen Umgang mit Wissen bleibt vielmehr die erfahrungsbasierte, Vernunft und Verstand nutzende Urteilskraft (Kant), durch die erst menschliche Autonomie und Individualität konstituiert wird. Diese Urteilskraft ist unter den heutigen Bedingungen entscheidend von der Fähigkeit abhängig, Informationen aus externen Wissensquellen zu erarbeiten, zu erschließen und zu beurteilen. Google ist wertvoll, so weit und insofern Suchmaschinen diesen Prozess unterstützen; dafür ist aber die schon eingeforderte Transparenz der Such- und Ranking-Algorithmen zentral. Die Fähigkeit zum Umgang mit nichtdigitalen Informationen hat keineswegs an Bedeutung eingebüßt, sondern bleibt für die Urteilskraft und den Umgang mit Wissen und Nicht-Wissen von zentraler Bedeutung. Dies ändert selbstverständlich nichts daran, dass Wissensprozesse durch digitale Techniken unterstützt werden können und sollten. […]

[…] Die sachlich und sozial begründete und immer wichtiger werdende Fähigkeit zur Nicht-Information und Nicht-Kommunikation wird nach wie vor zu wenig ausgebildet. Dieser Mangel ist Bestandteil eines breiteren Defizits: Es fehlt an der Ausbildung in umfassender, die Urteilskraft stützender Informations- und Medienkompetenz, wie dies vor einigen Jahren die Dortmunder „SteFi“-Studie mit aller Deutlichkeit aufgezeigt hat. Wir hinken in der schulischen wie in der hochschulischen Ausbildung der technischen
Entwicklung deutlich hinterher: Wir verweigern unseren Schülern und Studenten die Herausbildung der notwendigen Urteilsfähigkeit, indem wir die Informations- und Medienkompetenz nicht systematisch in die Schul- und Hochschulcurricula einbauen. […] Trotzdem bleibt die Ausbildung kritischer, auf umfassendem Wissen basierender Autonomie die Kernaufgabe, um einen angemessenen und mündigen Umgang mit den neuen Informations- und Wissenswelten zu ermöglichen.

Macht das Internet dumm?

Diese Frage wird zur Zeit in diversen Medien diskutiert. So auch in der letzten Ausgabe des Spiegel (der Artikel dazu unter dem Titel „Die Datensucht“ ist nun auch online! T.H. 27.8.08). Auch die Zeit fragt auf in ihrem Online-Angebot: Macht uns Google wirklich dumm?.

Auslöser ist wohl ein Artikel von Nicholas Carr in der Zeitschrift Atlantic. Aber auch der New Scientist enthält in ähnlicher Richtung einen Kommentar des britischen Philosophen Anthony C. Grayling mit dem Titel „The importance of knowing how“. Auszüge findet man in einem britischen Blog.

Angesprochen werden in den Texten eine Vielzahl von Themen aus dem Bereich Informationskompetenz, die wachsende Informationsflut, das Problem der Plagiate und die Frage, wie der Umgang mit Internet, Web 2.0 usw. unser Arbeiten, Denken und Lernen verändert. Sicher, neu ist diese Diskussion nicht (vgl. auch), und historisch gesehen gab es ähnliche Diskussionen bei jeder medialen Umwälzung.

Das Fach „Information History“

Nun hat die Informationsgeschichte auch ihre erste Monografie über das Fach selbst. Gerade erschienen ist:

Toni Weller: Information history : an introduction ; exploring an emergent field. Oxford: Chandos, 2008.

Das Buch

… explores how the contemporary values and concerns of our own information society have helped lead to a reconsideration of our history, and of what constitutes our historical understanding of information in the twenty-first century. … It takes a forward looking approach to the emergence of further LIS departments embracing it in their curriculum, and historians exploring the concept of information an explicit part of their research.

Content:

  • Introducing information history – The Information Age; information history in the 2000s; defining information; studying information
  • The relevance of information history – specific skills; general skills; contextualisation; development of the information profession
  • Key schools of thought in information history:
    • library and book history
    • the history of information systems and infrastructures
    • the history of information disciplines
    • cultural and social explorations of information
    • origins of the information society
  • Information history in practice – research; teaching
  • Looking forward – the next ten years

Themenheft zur Geschichte der Informationswissenschaft in Großbritannien

Das Journal of Information Science publiziert eine Art Themenheft zur Geschichte der Informationswissenschaft in Gro&szloig;britannien (August 2008, Volume 34, No. 4). Es folgen ein paar Artikel als Beispiele. Im Rahmen des Intranets der TUHH haben wir anscheinend Zugang dazu im Rahmen der von der DFG geförderten Nationallizenzen.

  • Brian Vickery: Guest Editorial Meeting the challenge. Journal of Information Science 2008 34: 397-401. (Pionier, den ich auf einer Konferenz in Philadelphia 2002 kennengelernt habe, siehe auch: A long search for information / Brian Vickery. Urbana-Champaign, Ill. : Graduate School of Library and Information Science, Univ. of Illinois at Urbana-Champaign, 2004.
  • Jack Meadows: Fifty years of UK research in information science. Journal of Information Science 2008 34: 403-414.
  • David Bawden: Smoother pebbles and the shoulders of giants: the developing foundations of information science. Journal of Information Science 2008 34: 415-426.
  • Tom Wilson: The information user: past, present and future. Journal of Information Science 2008 34: 457-464.
  • Blaise Cronin: The sociological turn in information science. Journal of Information Science 2008 34: 465-475.
  • Peter Willett: From chemical documentation to chemoinformatics: 50 years of chemical information science. Journal of Information Science 2008 34: 477-499.
  • Wendy A. Warr: Social software: fun and games, or business tools? Journal of Information Science 2008 34: 591-604.
  • Mike Thelwall: Bibliometrics to webometrics. Journal of Information Science 2008 34: 605-621.
  • Eugene Garfield: How I learned to love the Brits. Journal of Information Science 2008 34: 623-626. (Garfield’s Homepage)