Data information literacy

Das neue HRK-Papier zur Informationskompetenz fordert ihn (S. 16, S.19), den „data librarian“. Forschungsdaten sind ein aktuelles Thema. Bibliotheken bieten immer mehr Stellen im Bereich Datenmanagement auch der eigenen Daten (Metadatenmanagement mit Link-Resolvern, Nutzungsdaten-Management, Publikation von Linked Open Data, Nutzung von Persistent Identifiers für Autoren und Publikationen, Publikationsberatung auch zu Forschungsdaten usw.).

Dass das Thema Daten-Informationskompetenz nicht nur die Kompetenz von Informationsexperten meint, sondern heutzutage für alle wissenschaftlich Forschenden von Belang ist, zeigt das Projekt "Data Information Literacy", an dem unter anderen die Purdue University Libraries beteiligt sind.

Mehr zum Thema Forschungsdaten:

Historisch ist der Data Librarian übrigens in der Chemie früh beschrieben worden:

[Zusatz vom 24.2.2013:]
In einer persönlichen Mail hat mich Anne-Katharina Weilenmann
dankenswerterweise auf weitere sehr interressante Links aufmerksam gemacht:

Discovering – the future library

Eigentlich wollte ich mit diesem Blog-Eintrag nur auf den Open-Access-Artikel von Lorcan Dempsey mit dem Titel "Libraries and the informational future: Some notes" (Information Services and Use 32 (2012) 3-4, 203-214) hinweisen, der nochmals seine Sicht auf die zukünftige Entwicklung von Bibliotheken zusammenfasst. Eine dazu passende Präsentation eines vor kurzem gehaltenen Vortrages von Lorcan Dempsey findet man bei Slideshare.

Erst kurz vor Weihnachten hatte Anne Christensen schon auf einen weiteren Artikel von Lorcan Dempsey hingewiesen, zum Thema Discovery-Systeme. Und nun gibt es in Annes Blog einen weiteren Beitrag zum Thema: "8 hypotheses why librarians don’t like discovery".

Meine nach obigem fast auf der Hand liegenden These: Das Nachdenken über die Vor- und Nachteile von Discovery-Systemen hat viel zu tun mit dem Nachdenken über das Selbstverständnis und die zukünftige Entwicklung von Bibliotheken.

New roles for new times

Die amerikanische Association of Research Libraries (ARL) hat im Dezember in der Reihe "New roles for new times" einen Report "Research Library Services for Graduate Students", geschrieben von Lucinda Covert-Vail und Scott Collard, herausgebracht.

Er fasst relativ knapp für mich nochmals die Herausforderungsbereiche moderner Bibliotheksentwicklung zusammen:

  • Dienstleistungen zielgruppengerecht segmentieren,
  • neue physische (und mentale 😎 – hier wäre das neu gegründete Open Science Lab der TIB Hannover ein Beispiel!) Räume schaffen bzw. für vorhandene Räume neue Möglichkeiten ausprobieren,
  • neue Partnerschaften eingehen
    (bzw. alte wiederaufleben lassen – meinem Empfinden nach fehlt es auf dem Universitätscampus oft an einer Koordination zu Themenbereichen, die diverse Dienstleistungsbereiche wie Bibliothek, Rechenzentrum, Studierenden-Service, Didaktisches Zentrum usw. betreffen) und
  • Organisationsstrukturen (behutsam!) verändern bzw. anpassen.

Besonders interessant finde ich hinsichtlich des ersten obigen Punktes die Orientierung von Services am akademischen Life-Cycle:

  • Reader and learner—trying to become acquainted with a field and its literature
  • Teacher or “becoming teacher”—learning to apply pedagogy to deliver course content
  • Researcher—collecting data in field sites or through available resources
  • Analyzer and synthesizer—processing and analyzing data collected
  • Writer—learning how to stay motivated, finding the space and mutual support from others
  • Proto-author—orienting towards publishing, copyright, and scholarly communications
  • Archiver—depositing data or final products into library (or other) repositories
  • Job hunter—taking the next academic or professional step

(S. 9-10)

Zur Geschichte, Theorie und Praxis von Bibliothekskatalogen

Diese gelungene Mischung an Aufsätzen zu Geschichte, Theorie und Praxis von Bibliothekskatalogen und Discovery-Systemen ist zur Zeit frei verfügbar auf der Website der Zeitschrift Library Trends.

Passend dazu der Aufsatz "Der Katalog : Repräsentation von Medien als Geschichte des Denkens über Wissen, Information, Medien, Nutzerinnen und Nutzern" von Karsten Schuldt in der aktuellen Ausgabe "Bilder, Graphen, Visualisierungen" der Zeitschrift Libreas.

Learning everywhere

Mehr als zwei Monate keinen Blog-Beitrag hier, das ist mir lange nicht passiert. Ich komme immer weniger dazu, hier etwas zu schreiben, versuche aber wenigstens Twitter ab und zu zu nutzen.

„Learning everywhere“ war der Titel eines Vortrages, den Michael Stephens am 26.10.2012 an der TU Hamburg-Harburg gehalten hat.

Meine Einführung zu diesem Vortrag dokumentiere ich hier mit den inhaltlichen Passagen nach der Begrüßung und dem Dank an die Beteiligten:

Welcome for Michael Stephens

Hello all together. […] I have the honour to cordially welcome you all and especially Mr. Michael Stephens, Assistant Professor at the School of Library and Information Science of the San Jose State University in California who will talk this evening about the topic “Learning Everywhere. Transformative Libraries & Services“.

[…] Welcome friends of the TUHH library, a word I can use here also in the sense it is used in Facebook. […] Let me also mention at this point that this event is part of the national promotion week ‘Meeting Point Library’ starting this week on Wednesday October 24, the day of libraries in Germany.

Thinking about the future of the library has been an ongoing task in the life of the TU library. And this is true also for my own professional life. As a small university library from its beginning the TU library has tried to be innovative. Many of my colleagues in the library have been very busy to stimulate innovation processes since years.

One technical result of today is our discovery system and catalog VuFind, we call it now TUBfind. Another is our new website which integrates TUBfind as well as our weblog using the open-source blog software WordPress: I want also to mention here the use of RFID technology in our library. As I do today all the colleagues in the TU library learn something new every day what means being innovative for yourself.

We will hear a talk by Michael about the future of learning and the role the library in this process of learning. In times when literacy can be defined as “engaging with information in all of its modalities” [this citation from O’Farrill, Ruben Toledano: Information literacy and knowledge management. Preparations for an arranged marriage. In: Libri 58 (2008). p. 155–171, especially p. 167] and when literacy can be viewed as a social activity, libraries play their roles as learning facilitators, promoters of an information culture which should be rich and comprehensive, multifaceted and consciously experienced. The last point, a consciously experienced information culture is the aim of those activities in libraries concerning media and information literacy. Playing and networking are important so-called new media literacies. Also mobile learning, one of the topics of Michael, is really an issue here! The information culture you find in and through libraries is an important complement to the monoculture spread by Google or Facebook.

Let us now learn from Michael Stevens!

In diesem sehr inspirierenden Vortrag, dessen Folien auch im Netz sind und bei dem man nicht merkte, dass nach 60 Minuten knapp 150 Folien gezeigt wurden, war für mich besonders der Hinweis auf das Konzept des Transformative Learning im Rahmen der Erwachsenenbildung von Jack Mezirow spannend. Der aus meiner Sicht wichtigste Satz auf die Bibliotheken bezogen lautete: "Willing to leave out our physical walls".

Mehr von Michael Stephens:

Am meisten lernt man ja auch , wenn man selbst eine Präsentation vorzubereiten hat. Seit August habe ich zwei Präsentationen gegeben, je eine zu den beiden Themen, die mich schwerpunktmäßig interessieren:

Aufsätze und politische Statements zur Informationskompetenz

Drei spannende Aufsätze sind gerade im "Nordic Journal of Information Literacy in Higher Education" erschienen (Vol 4, No 1 (2012), Dank an Sheila Webber für den Hinweis in ihrem Blog):

Während der Beitrag von Sonja Spiranec und Mihaela Banek Zorica vor dem Hintergrund einer "Science 2.0" über veränderte Rahmen und Konzepte von Informationskompetenz nachdenkt, reflektiert Andrew Whitworth über Auswirkungen solch einen Übergangs auf die Theorie und Praxis der didaktischen Vermittlung.

Ein Beispiel für das Thema von Sirje Virkus Beitrag lässt sich auch gerade wieder in Deutschland betrachten, wo die beiden wissenschaftspolitischen Institutionen Wissenschaftsrat und Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) sich einen Wettkampf um die Deutungshoheit bei der Weiterentwicklung der Informations-Infrastruktur in Deutschland liefern. 😎 Immerhin ist das Thema Informationskompetenz in beiden Papieren erwähnt:

  • Positionspapier "Die digitale Transformation weiter gestalten – der Beitrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu einer innovativen Informationsinfrastruktur für die Forschung" DFG (Juli 2012).

    "Die Fähigkeit, mit einer steigenden Menge von Informationen und Informationsquellen sowie mit komplexer werdenden Kommunikationsstrukturen umzugehen, bedingt ein hohes Maß an Medien- und Informationskompetenz jenseits einer reinen Recherchekompetenz. Diese Anforderung sollte unter anderem in den Curricula der Graduierten- und Postgraduiertenausbildung verbindlich verankert werden, um gezielte Verbesserungen einer allgemeinen, fächerübergreifenden ebenso wie einer spezifischen, fachnahen Nutzung der modernen digitalen Informationsinfrastruktur zu erreichen."

    (S. 4)

  • Empfehlungen zur Weiterentwickung der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen in Deutschland bis 2020 (Drs. 2359-12) Wissenschaftsrat (Juli 2012)
  • "Der Wissenschaftsrat spricht sich dafür aus, dass die insbesondere Informations- und Medienkompetenz (Medienbildung) für den digitalen Bereich umfassende Kulturtechnik bereits im schulischen Fachunterricht erworben und im Rahmen jedes grundständigen Studienganges an Hochschulen vertieft wird. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Kulturtechnik ist zudem die Fähigkeit zu reflektieren, ‚inwiefern Medien in ihrer sozialkommunikativen, ästhetischen und technischen Dimension stets zugleich auch mitkonstituieren, was sie nur zu vermitteln bzw. zu transportieren scheinen.’"

    (Abschnitt B.II Zu Nutzungsformen, Teil II.1 Medienbezogene Kulturtechniken und Informationskompetenz, S. 41-42)

    Der Ausdruck Kulturtechnik an dieser Stelle gefällt mir. 😎

Herausforderungen und Ideen zur Bibliotheksinnovation

Eine gute Grundlage für Ideen und zur Beurteilung der Situation von wissenschaftlichen Bibliotheken ist für mich ein Report des amerikanischen Education Advisory Board [Link am 29.11.2012 auf die verkürzte Version geändert, da vollständige Version des Reports nicht mehr verfügbar!], der z.B. Kanzler und Präsidien von Universitäten berät und auf den ich im Dezember 2011 schon mal im Plan3t.info hingewiesen habe.

Die Hauptpunkte aus meiner Sicht führe ich im Folgenden zusammenfassend auf:

Herausforderungen

  • Traditionelle Kenndaten erfassen nicht den Wert von Bibliotheken für die Universität.
  • Weiter steigende Zeitschriftenpreise machen alternative Publikationsmodelle notwendig.
  • Sinkende Nachfrage nach traditionellen Dienstleistungen
  • Akademische Unterstützungs-Dienstleistungen bedeuten ein „Sich-Einlassen“ auf Studierende, Lehrende und Forschende.

Digitale Sammlungen in Schwung bringen

  • eBooks vor dem Durchbruch
  • Digitale Sammlungen in großem Maßstab
  • Nutzungseinschränkungen und das Urheberrrecht bleiben
  • Patron-driven acquisition

Alternative Modelle der Wissenschaftspublikation unterstützen

  • Konsortien nutzen
  • Pay-Per-View ausprobieren
  • Open Access verändert und wirkt weiterhin.
  • Infrastruktur für Open Access ausbauen.

Bibliothek als Raum umwidmen

  • Gedruckte Bestände umfangreich, teuer und wenig genutzt.
  • Virtuelle Discovery-Dienste ersetzen das zufällige Browsing am Regal.
  • Regelmäßiges, systematisches Aussondern von gedruckten Beständen.
  • Gemeinsame Speicherung gedruckter Bestände und gemeinsame Erwerbungsprofile mit anderen Bibliotheken
  • Bibliotheksraum für gemeinschaftliches Lernen zur Verfügung stellen

Bibliothekspersonal neu einsetzen, Organsiation umstrukturieren

  • Auskunfts-Service anders anbieten, auch „Embedded Librarians“
  • Zusammenarbeit mit dem Rechenzentrum verstärken
  • Förderung von Informationskompetenz ernst nehmen

Interessant ist in diesem ganzen Zusammenhang auch eine Nutzerumfrage 2011 der Uni-Bibliothek der TU München

‚Wahrnehmen‘ von Leitung

Da ich ja schon seit einigen Jahren in einer kleineren Universitätsbibliothek eine Leitungsposition innehabe, beschäftigt mich das Thema ‚Wahrnehmen‘ von Leitung eigentlich ständig. Und ‚Wahrnehmen von Leitung‘ bedeutet immer zweierlei, einerseits wie ich selbst meine Leitungsposition wahrnehme, also aktiv gestalte, oder andererseits wie diese von anderen Menschen wahrgenommen wird. Eigentlich kommt noch mehr hinzu:

"Wie eine Person ist, wie sie auf andere wirkt und wie sie sich selbst sieht, sind drei verschiedene Paar Schuhe." (S. 177)

Obigen Satz habe ich einem Buch entnommen, das ich zur Zeit lese und das mir beim Reflektieren über das Thema viel hilft: Führen : Worauf es wirklich ankommt / von Daniel F. Pinnow. 5. Aufl. Wiesbaden : Gabler Verlag / Springer, 2011. Nur der Titel gefällt mir nicht so ganz, Führung als Begriff hat für mich immer noch einen unangenehmen Beigeschmack, Leitung als Begriff klingt sehr handwerklich, da fehlt manches Philosophische, was bei Führung mitschwingt, eigentlich erscheint mir zur Zeit der Begriff Management als der beste.

Am meisten angetan hat mir bisher das 3. Kapitel des Buches mit dem Titel "Systemische Führung. Oder: Eine Welt gestalten, der andere gerne angehören wollen".
Weiterlesen

Diskussionen um Wissenschaftsverlage, Open Access etc.

Ein paar Links zur Diskussion der letzten Tage:

Theoretisch-philosophische Reflexionen zu Bibliothek und Information

Ausgehend von einem Durchblättern des schwergewichtigen Buches "The atlas of new librarianship" von R. David Lankes (Cambridge, Mass.: MIT Press, 2011), zu dem es auch eine spannende Website gibt, suchte ich nach ein paar Rezensionen, fand z.B. die von Dale Askey, und landete in einem Blog mit dem Namen "Sense and Reference".

Dieses enthielt nicht nur eine ausführliche, sehr kritische Besprechung von Lankes‘ Buch, sondern in anderen Beiträgen faszinierende Auseinandersetzungen mit grundsätzlichen philosophischen Fragen zu Bibliothek und Information, so auch einen Lankes‘ Ansatz weiter kritisierenden Beitrag mit dem Titel "Libraries are not in the construction business".

Ich stimme mit dem Autor des Blogs "Sense and Reference", Lane Wilkinson, in vielen Punkten nicht überein – so vertritt er aus meiner Sicht einer zu einseitig realistische Haltung. Trotzdem sind viele Beiträge spannend, um z.B. die eigene Haltung zu schärfen. In der Diskussion zum zuletzt genannten Blog-Beitrag hat Angela Pashia meine Haltung zur Position von Wilkinson so mit ausgedrückt:

We need a middle ground that breeds a healthy skepticism (I like to think of that as information literacy, the ability to evaluate an information resource) without denying either an objective external reality or the influence of social conditions on learned human behavior.

Ein ebenfalls interessanter Blog-Beitrag befasst sich mit den Themen Literacy und Transliteracy.

BTW: Innerhalb einer Umfrage zum Thema Meta-Literacy von Thomas P. Mackey (siehe auch seinen Aufsatz mit Trudy E. Jacobson "Reframing Information Literacy as a Metaliteracy") habe ich übrigens zur Frage "Which of the following literacies do you think are components of information literacy?" – es folgten "Media literacy, Digital literacy, Cyber literacy, Visual literacy, Mobile literacy, Critical literacy, Health literacy, Other (please specify)" – bemerkt:

You can find dozens of discussions which special literacy is part of which other special literacy. It is a question of the viewpoint and socialization of the discussion member. In case you define ‚literacy‘ as „engaging with information in all of its modalities“ like O’Farrill, Ruben Toledano: Information literacy and knowledge management. Preparations for an arranged marriage (In: Libri 58 (2008) p. 155-171, p. 16) all above is literacy! […] but perhaps you should define meta-literacy as ‚reflecting about literacy‘ what I would like.

Wilkinson bietet in seinem Blog auch eine Zusammenstellung von Lektüre zum Thema "Library and Philosophy".

Man müsste auch mal darüber nachdenken, was zum Thema "Theoretisch-philosophische Reflexionen zu Bibliothek und Information" in Deutschland sichtbar ist. Rafael Capurro und auch Uwe Jochum sind mir da sofort eingefallen. Und natürlich der umtriebige Libreas-Blog mit Ben Kaden, der gerade Anfang des Jahres einen Überblick zur Forschung im Bibliotheks- und Informationswissenschaft im Jahre 2011 gegeben hat! Auf dem letzten Bibliothekartag gab es immerhin eine Session zu ethischen Fragen!

Fragen Sie mich übrigens nicht, wann man dann Ganze lesen soll, wenn man als Praktiker in einer Bibliothek arbeitet! Daher hier auch nur ein Hinweis auf die Möglichkeiten, die ich so wahrgenommen habe.

Informationskompetenz auf die Spitze getrieben!

Aus der Praxis heraus, aufgrund einer aktuellen Anfrage eines Lehrenden meiner Universität, hier ein Beispiel, warum überflüssiges Wissen hinsichtlich der Informationssuche bei den Kunden der Bibliotheken weiterhin notwendig bleiben wird. <Ironie>Informationskompetenz bleibt also ein wichtiges Thema!</Ironie>.

Wenn ich mir über die Elektronische Zeitschriftenbibliothek die Physical Reviews anschauen will, hier z.B. den Teil E, sehe ich, dass eine Nationallizenz vorhanden ist. Klicke ich hier auf die Nationallizenz lande ich beim Dienst GetInfo der TIB Hannover.

Anscheinend kann ich jetzt gezielt über diese Oberfläche GetInfo in der gewünschten Zeitschrift recherchieren. Es werden mir Artikel der Nationallizenz angezeigt und ich kann mir diese auch im Volltext runterladen, hier ein Beispielartikel. Den gleichen Artikel kann ich auf der Verlags-Website des e-journals nicht mehr bekommen.

Was ist hier passiert? Für mich sieht dies so aus, als ob der Verlag das Vorhalten der Zugriffsberechtigung für die Nationallizenz eingestellt hat und dies auf die TIB verlagert hat, die anscheinend gleichzeitig einen Server mit den Volltexten bereitstellt. Wurde all dies irgendwann mal kommuniziert? Habe ich da was verpasst? Wahrscheinlich!?

Diese Entwicklung bedeutet für Kunden zum Beispiel, dass Artikel, die z.B. via Google Scholar auf der Verlags-Website gefunden werden, an manchen Universitäten nicht im Volltext gelesen werden können. Sie müssen wissen, dass sie den gleichen Artikel über GetInfo nochmal recherchieren müssen, um an den Volltext zu kommen. Das wird alles immer verrückter mit der Informationskompetenz!

Man kommt also bei der genannten Zeitschrift an meiner Universität offenbar über die Recherche bei GetInfo weiterhin an die Volltexte der Nationallizenz, jedoch nicht mehr direkt beim Verlag! Aber es wird noch komplizierter: Für die Zeitschrift Physical Reviews B, die die TUHH-Bibliothek z.Zt. abonniert hat, kommen unsere Kunden an die aktuellen Volltexte über die Verlagswebsite, und hier dann auch (!) an die Volltexte der alten Bände!

Alles sehr spannend und als Endkunde, und als der fühle ich mich hier auch, irgendwann sicher kaum noch zu verstehen!?

Ergänzung vom 14.10.2011:

Nachdem ich gestern das Obige ziemlich schnell runtergeschrieben habe, ist mir bewusst geworden, dass die hier beschriebene Entwicklung wahrscheinlich von grundsätzlicherer Natur ist: Die Verlage werden die von den Bibliotheken gekauften elektronischen Ressourcen aus verschiedensten Gründen irgendwann nicht mehr vorhalten können oder wollen. Gerade hat z.B. ein Verlag seine Plattform gewechselt und manche der eBooks sind dabei nicht mit auf die neue Plattform gewandert. Die TUHH-Bibliothek hat dafür die PDF-Dateien der eBooks angeboten bekommen. Vielleicht stellt ein Verlag seine Tätigkeiten in einem bestimmten Segment ein oder geht gar in Insolvenz. Auch dann sind eigentlich dauerhaft lizensierte eMedien plötzlich nicht mehr verfügbar. Oder der Verlag, wie anscheinend bei den Physical Reviews im Rahmen der Nationallizenzen, möchte ältere "Bestände" und Verträge nicht mehr weiter pflegen.

Ausserdem verdienen Verlage dadurch zusätzliches Geld, falls Interessierte via Google oder sonstwie auf der Verlags-Website landen, das Produkt kaufen, ohne zu wissen, das in den Tiefen des Deep Webs die Produkte frei zur Verfügung stehen.

Es werden sich weitere Geschäftsmodelle ähnlich wie z.B. das von JStor entwickeln, die abgelegten Content der Verlage aufnehmen und anbieten. Bibliotheken werden dann in Zukunft statt in ein Büchermagazin in solche wie im Fall von GetInfo durchaus auch von Bibliotheken betriebene Institutionen investieren müssen, um an ihre gekauften elektronischen Ressourcen langfristig heranzukommen.

Was kann man unseren Kunden angesichts dieser Unübersichtlichkeit hinsichtlich der Suche nach bestimmten Volltexten raten? Ich sage z.B. immer, dass die Suche nach einem konkreten Artikel im Volltext durchaus über Google erfolgen kann. Oft findet man hier das Gesuchte sofort. Nur im Falle man nach der Kreditkarte oder nach einem Login gefragt wird, sollte man sich daran erinnern, dass es Bibliotheken gibt 😎 und im Katalog nach der gewünschten Zeitschrift recherchieren, um so eventuell auf weitere "Standorte" der Volltexte zu kommen oder überraschenderweise 😎 festzustellen, dass diese Zeitschrift leider nur gedruckt in der betreffenden Bibliothek zur Verfügung steht.

Informationskompetenz für Information Professionals …

.. bietet eine Aggregator-Seite, auf die Sheila Webber gerade in ihrem Blog hingewiesen hat.

Für deutsche Blogs haben Lambert Heller, Christian Hauschke und Edlef Stabenau vor ein paar Wochen ebenfalls eine Aggregator-Website unter dem Namen Plan3t.info ins Netz gestellt. Wohl mehr als 100 deutschsprachige, einschlägige Blogs findet man hier übersichtlich zusammengestellt. Ich habe mich gefreut, dass dieses Blog auch dabei sein darf! 😎

Mehr noch, jeden Tag in der Woche von Montag bis Freitag gibt es unter der Kategorie "Stimmen" ein originales Posting von bloggenden Bibliothekarinnen und Bibliothekaren. Die Vielfalt der Themen ist beeindruckend. Hier ein paar Postings, die mir besonders aufgefallen sind:

Es gibt noch viel mehr im Plan3t.info zu entdecken, darunter auch mein eigener, erster Beitrag bei den "Stimmen" mit dem Titel "Eine Ressource für Informationskompetenz damals".

Verschwundene Tätigkeiten, Fachreferat und Informationskompetenz

Vor dem Hintergrund des Blog-Beitrages „verschwundene Arbeiten“ im netbib-Blog schaut man natürlich auch auf das, was man selbst als Fachreferent "noch" tut.

So trifft das Schlagwort "user-generated aquisition" genau dann voll zu, wenn man aufgrund der wöchentlich von Nutzenden eingehenden Anschaffungswünsche absehen kann, dass das zur Verfügung stehende Geld gerade so ausreichen wird. Dies bedeutet konkret, dass man keine klassische Erwerbungsarbeit mehr macht. Auch das Nachdenken über Approval Plans macht hier nicht mehr wirklich Sinn! 😎

Was die inhaltliche Erschliessung angeht, habe ich ja immer noch die Illusion, dass die Vergabe von Schlagwörtern und Notationen dazu beiträgt, das Retrieval, besonders den Recall durch die im Normdatensatz mit verknüpften Synonyme zu verbessern oder überhaupt erst sinnvolle Drill-Down-Menüs in sogenannten Next-Generation-Katalogen wie TUBfind zu ermöglichen. Auch können ja vielleicht Ideen wie die von Lambert Heller zur Erschliessung von Literatur via Wikipedia die sachliche Erschliessung ins Semantic Web hinüberretten!

Aber auch die dritte Säule der eigenen Fachreferatsarbeit, die Förderung von Informationskompetenz, ist an einer technischen Universität nicht so nachgefragt, wie man es sich trotz eigener Aktivitäten und Erfolgserlebnisse eigentlich wünschen würde.

Aber auch Blog-Beiträge fördern die Informationskompetenz potentieller Leser. Hier ein paar Beispiele hinsichtlich:

Auch sonst bleiben die Themen, mit denen man im Fachreferat konfrontiert wird oder sich selbst konfrontiert, interessant:

  • Wie kann ein zeitgemäßer Subject Guide im Webauftritt der Bibliothek aussehen?
  • Bibliometrische Analysen für das Forschungsrating, Beratung zur Literaturverwaltung und zum Publizieren werden immer wieder mal nachgefragt .
  • Aber auch ganz klassisch: Wie sieht zeitgemäßes und kundenorientiertes Bestandsmanagement im Lernort Bibliothek aus? Sprich, wieviele und welche gedruckten Bücher machen in Bibliotheksräumen und Lesesälen noch Sinn, wenn – wie von der Bibliothek der schwedischen Chalmers University of Technology schon heute – in Zukunft fast nur noch elektronische Medien angeschafft werden?
  • Ausbaufähig bleibt sicherlich die Beteiligung des Fachreferats an Universitätsbibliotheken aber auch der gesamten Bibliothek in den Bereichen Lernen und Lehren sowie Wissensmanagement (klassischer Beginn wäre hier die Hochschulbibliographie).

Das Hauptproblem der verschwundenen Tätigkeiten liegt für mich aber darin, dass diese gleichzeitig die Grundlage für Stellenbewertungen und Eingruppierungen, vgl. die Situation bei der sogenannten Entgeltordnung (Kampagne vom BIB), darstellen, was Verhandlungen zum Erhalt von Stellen nicht einfacher machen dürfte. Damit kann verhindert werden, dass neue Ideen über neue Köpfe kaum noch Eingang ins Bibliotheks- und Informationswesen bzw. konkret in die jeweilige Institution finden! Und dies ist nicht nur für Bibliotheken und Informationseinrichtungen, sondern auch für deren Kunden fatal!

Der Schlusssatz meines Beitrages mit dem Titel "Helfer im Informationsdschungel" aus dem Jahre 2006 bleibt aber weiterhin gültig:

"Für mich ist kaum ein anderer Beruf denkbar, bei dem man aufgrund der heterogenen fachlichen, technischen und menschlichen Anforderungen so am Puls der Zeit bleibt wie als Informationsspezialist an einer Universitätsbibliothek."

Dies auch aufgrund und trotz der Ungleichzeitigkeiten, die mich an einen meiner Lieblingsphilosophen Ernst Bloch erinnern! 😎

Zur Zukunft des Konzeptes Informationskompetenz in Bibliotheken

So lautete der Titel einer Diskussionsveranstaltung der AG Informationskompetenz im GBV im Rahmen der 12. Verbundkonferenz des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (#gbvvk10). [Ergänzt 16.9.2010:] Eine ausführlicheren Bericht von der Diskussion bietet Dörte Böhner in ihrem Blog!

Kurze Eingangs-Statements von Lambert Heller und mir bildeten die Grundlage für eine gut 60-minütige Diskussion unter den mehr als 40 Teilnehmenden.

Meine Eingangs-Präsentation begann mit dem Hinweis auf ein Netbib-Posting, nutzte einige Folien meines Beitrages Nachdenken über Informationskompetenz auf dem Bibcamp 2010 in Hannover und fragte: Wie zeitgemäß ist Ihre Lehr-/Lernsituation im Bereich Informationskompetenz (IK)? Sehen Sie auch die Gefahr eines „Information literacy fatigue syndrome“, wie es ein Kollege beim Bibliothekskongress in Leipzig ausdrückte? Wie zeitgemäß ist das Konzept Informationskompetenz noch?

Die für die Suche in vielen Bibliotheks-Katalogen notwendigen Kenntnisse, um z.B. einen Buchtitel wie „Wir sind doch nicht blöd“ zu finden, wollen und müssen Nutzende eigentlich nicht erwerben, wie moderne, sogenante Web-2.0-Kataloge wie der KUG, beluga oder TUBfind zeigen. Das hier angesprochene „Was?“ der Förderung von Informationskompetenz ist laufend zu diskutieren und aktuell zu halten. Der betreffende Buchtitel stellt aber gleichzeitig die Frage nach dem „Wie?“ und dem Verhältnis von Bibliotheken und Nutzenden im Rahmen einer Förderung von Informationskompetenz, die ja auch schon von Lambert aufgeworfen wurde.

Lambert plädierte für ein verändertes Bibliotheksmarketing, in dem alle in Bibliotheken Arbeitenden ihre eigene Arbeit und die damit verbundenen Herausforderungen öffentlich (z.B. in Blogs) darstellen und wirklich selbst Erfahrungen im Web 2.0 sammeln. So wäre es möglich, durch Authentizität, Aufbau von Reputation und Nähe zur jeweiligen Community die Entwicklung von Informationskompetenz bei potentiellen Mitgliedern dieser Communities zu fördern, ohne pädagogischen Duktus und in informellem Rahmen. Gleichzeitig würde dadurch dann auch die Einrichtung Bibliothek an Reputation gewinnen.

Hier einige Aspekte und Fragen aus der folgenden Diskussion, die bei mir hängen geblieben sind (Leider habe ich nur bei ein paar Statements noch behalten, von wem diese kamen!)::

  • Unterrichten oder durchleiden lassen (Tobias Buck) – dies ist die zu diskutierende Alternative für IK-Förderung. Wie kann Überblickswissen vermittelt werden und gleichzeitig, das eigene Tun der Nutzenden berücksichtigt werden? Wenn unterrichten, muss dies möglichst handlungsorientiert in einer authentischen Situation erfolgen.
  • Wissen wir wirklich, "wo’s lang geht" oder sind wir nicht vielmehr alle Auto-Didaktiker, auch wenn es um Web(2.0)-Kenntnisse geht?
  • Ist ein Blog-Eintrag nicht eine Art "Schrotflinte" zur Erreichung des Ziele Informationskompetenz, also zu wenig zielgerichtet? Ist der Aufwand für Tutorials z.B. wie LOTSE nicht viel zu hoch im Verhältnis zu Nutzungszahlen?
  • Räume schaffen für Kompetenz-Entwicklung (Oliver Schönbeck).
  • Ist die Hetreogenität dessen, was möglich ist, überhaupt sinnvoll zu behandeln im Rahmen der IK-Aktivitäten?
  • Diskussion am Begriff der Entmündigung: Ist dies das Ergebnis von Google und neuen Oberflächen auch von Bibliothekskatalogen? Oder fördern gerade die kaum benutzbaren Oberflächen der ‚alten‘ Kataloge diese Entmündiging? Kann Entmündigung auch etwas Gutes sein in bestimmten Zusammenhängen?
  • Ich selbst sehe eine kritische Haltung zur uns umgebenden Informationswelt, verbunden mit einem Hintergrund-Wissen über die Enstehung, Arbeitsweise und gesellschaftlich-soziale Herausforderungen moderner Informations- und Kommunikationsmittel, als die wesentliche Essenz aller Bemühungen um Informationskompetenz, Medienkompetenz, digialer Kompetenz – egal wie man dies alles nennen will.
  • Wie benennen wir das, was IK-Aktivitäten von Bibliotheken ausmachen, auf unseren Webseiten (Tobias Buck)? Meine eigenen Ideen, den Begriff Informationskompetenz durch Informationskultur zu ersetzen, eignen sich sicher nicht als Label für Nutzende!