Gedanken und Fragen zum Rahmenvertrag § 52a

Hier mal ein paar Punkte und Gedanken bzw. Fragen beim und nach dem Lesen des Rahmenvertrages zur Vergütung von Ansprüchen nach § 52a UrhG
(Hochschulen)
zwischen der Kultusministerkonferenz (KMK), dem Bund und der VG WORT.

[Absatz hinzugefügt am 9.12.2018:] Ab März 2018 wurde das Urheberrechtgesetz durch das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz verändert.

§ 4 Beitritt: Die Hochschule muss ausdrücklich beitreten. Extra-Erklärung notwendig.

Bedeutet § 3 „Begriffsbestimmungen/Voraussetzungen“ (6), dass Werke, die „vom jeweiligen Rechteinhaber in digitaler Form für die Nutzung im Netz der jeweiligen Einrichtung zu angemessenen Bedingungen angeboten“ werden, gar nicht in Lernmanagementsysteme (LMS) hochgeladen werden dürfen und dass deshalb keine Meldung an die VG Wort erfolgen muss (gemäß § 5 (3)). Oder anders ausgedrückt: Zwingt § 3 (6) zum Verlinken dieser Werke!?

Manche Verlage erlauben je nach Verhandlung der jeweiligen Hochschule das Hochladen in LMS, da muss dann auch nicht gezahlt werden. Aber PDFs von anderen Verlagen darf ich also nicht hochladen? Andersherum gesagt: Nur wenn extra vom Lehrenden etwas digitalisiert wird bzw. das betreffende PDF nicht im Intranet der jewieligen Hochschule verfügbar ist, sind Gebühren fällig?

§ 5 (1) Die Hochschule hat die Wahl, ob sie „das Meldeportal in das/die Lermanagementsystem/e der Hochschule“ implementiert „oder ob die Erfassung und Meldung manuell direkt über das Meldeportal vorgenommen wird“. Gibt es dieses Portal bei der VG Wort schon? Wo gibt es Implementierungslösungen? Es soll ja ein abgespecktes Plugin für Stud.IP vom Osnabrücker Projekt geben!?

§ 5 (2) Meldung spätestens zum Semesterende möglich.

§ 6 (2) Ist das Wintersemester 2016/17 schon Teil des Vertrages?

Die wichtigsten Fragen zum Schluss:

Wo kommt das Geld in den Hochschulen her? Bisher haben die Länder die Pauschalen beim § 52a bezahlt.
Bekommen die Hochschulen vom jeweiligen Land zusätzliche Gelder?
Falls nicht, sollte aus meiner Sicht das Geld aus Mitteln für die Lehre (HSP) bezahlt werden, aber ohne dass Bibliotheksmittel betroffen sind. Das wird noch ein munteres Verhandeln?

Werden Hochschulen evtl. dazu übergehen, den Lehrenden das Einstellen vergütungspflichtiger Werke zu verbieten? Um zum Beispiel zu verhindern, dass Geld unkontrolliert abfliesst. Verträgt sich dies mit dem Grundsatz der Freiheit von Forschung und Lehre?

Was kostet das alles? Hier das schöne Rechenbeispiel zur Illustration von Philipp Zumstein: „0,008 pro Seite _und_ pro Unterrichtsteilnehmer zzgl. MwSt. Beispiel 30 Seiten für 200 TN –> 51,36 €“

Der Aufwand für Lehrende steigt auf jeden Fall durch den Rahmenvertrag. Wird man deshalb auf das Hochladen verzichten und wieder verstärkt Papierkopien verteilen? <sarkasmus>Oder soll nur noch Lehre gemacht werden mit Werken vor Erscheinungsjahr 1920! (§ 7 Ausnahmen) </sarkasmus>.

Positiv gesehen, ist der Rahmenvertrag implizit auch ein Plädoyer für mehr Open Access bzw. Creative-Commons-Lizenzen oder OER. Werke mit Nutzungsmöglichkeiten im Rahmen von „Open Access“-Lizenzen sind nicht Teil des Vertrages (§ 7). Heisst das, dass eine Open-Access-Dokument ohne CC-Lizenz unter den Vertrag fällt, mit CC-Lizenz bei entsprechender Verwendung aber nicht!?

So viel Fragen, so wenig Antworten. [Ein paar Antworten in von mir gesammelten Links in den Kommentaren.]

6 Gedanken zu „Gedanken und Fragen zum Rahmenvertrag § 52a

  1. Fragen und Kopfschütteln zur Problematik Rahmenvertrag § 52a und CC-Lizenzen

    Meinem bisherigen Verständnis nach fallen normale OA-Publikationen unter den § 52a, dürfen also in Zukunft nicht in Lernmanagementsysteme hochgeladen werden bzw. sind bei unterschriebenem Rahmenvertrag vergütungspflichtig. Nur wenn diese Open-Access-Dokumente zusätzlich eine CC-Lizenz tragen, ist ein
    Hochladen erlaubt bzw. entfällt die Vergütungspflicht. Dies ergibt sich für mich aus dem Rahmenvertrag § 7 Ausnahmen Satz 1:

    Nicht Vertragsgegenstand sind Nutzungen nach § 3 Abs. 1 bis 5, soweit diese im Rahmen von "Open Access"-Lizenzen erlaubt werden sowie Nutzungen gemeinfreier Werke.

    Lediglich bei NC-Lizenzen sehe ich hier eigentlich, dass darüber juristisch diskutiert werden kann, wenn man wie das LG Köln davon ausgeht, "dass nur die „rein private Nutzung“ als „nicht-kommerzielle Nutzung“ einzustufen sei."

    Nun habe ich von einer anderen Auslegung bzgl. des Hochladens von CC-Dokumenten in Lernplattformen gehört. Nach Rahmenvertrag § 3 Teil (6) gilt auch:

    "Eine öffentliche Zugänglichmachyng gemäß § 52a UrhG ist nicht zu dem jeweiligen Zweck geboten und damit nicht zulässig, wenn das Werk oder der benötigte Werkteil vom jeweiligen Rechteinhaber in digitaler Form für die Nutzung im Netz der jeweiligen Einrichtung zu angemessenen Bedingungen angeboten wird und dessen Verfügbarkeit schnell und unproblematisch gewährleistet ist."

    Interpretiert man dieses so, dass eine CC-Lizenz ein Werk ist, das zu angemessenen Bedingungen gemäß dieser Satzes oben angeboten wird, darf es danach nicht in Lernplattformen hochgeladen werden. Für mich ein Widerspruch zu § 7 des Rahmenvertrages.

    Gibt es Menschen, die mein Kopfschütteln über einen in sich widersprüchlichen Rahmenvertrag relativieren und mit juristischer Kompetenz meinen Glauben an die Möglichkeit von Beratung bei diesem Thema wiederherstellen? 😎

  2. Das Schreiben der Landeshochschulkonferenz Niedersachsen an die Studierenden und Lehrenden der Mitgliedshochschulen ist online.
    Ander Universität Duisburg-Essen gab es einen Workshop „Einzelvergütung und Meldung nach § 52a UrhG in der Lehre: Was kommt auf uns zu? Rahmenverträge, Meldeschnittstellen, vorrangige Angebote und überforderte Lehrende?“ Die Folien dieses Workshops sind hier online verfügbar, besonders interessant hier sind die Folien des Beitrages von Tobias Thelen von der Universität Osnabrück.

  3. Ein paar meiner Fragen beantwortet vielleicht eine Präsentation mit dem Titel „Was passiert, wenn nichts mehr geht? Urheberrecht und Lehre im Jahr 2017“ von Ricarda Lau und Cornelis Kater auf der Stud.IP-Tagung 2016. Leider ist mir hier aber nicht ganz klar geworden, worum es ab Folie 38 genau geht!?

    Das Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“ hat eine Presseerklärung veröffentlicht und schreibt sogar: „Den Ländern und den einzelnen Hochschulen und ihren nach § 2 Absatz 2 des Rahmenvertrags gleichgestellten Forschungseinrichtungen wird dringend geraten, diesem Vertrag nicht beizutreten. Die Landeshochschulkonferenz Niedersachsen hat schon einstimmig beschlossen, diesen Schritt zu vollziehen.“

  4. Pingback: Rahmenvertrag zum § 52a UrhG: „Der Bildung und Wissenschaft irritierende Unsinn geht einfach weiter“ | Archivalia

  5. Ein Tweet von Eric Steinhauer hat mich implizit auf den Aspekt hingewiesen, dass man den Rahmenvertrag auch als ein Programm zur Förderung von Informationskompetenz ansehen kann. Wenn Lehrende nur noch Literaturlisten an die Lernenden ausgeben, sind diese gezwungen, sich das Material selbst zu beschaffen und damit ihre Informationskompetenz weiter zu entwickeln.

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