Ein Blick auf das Fachreferat in Bibliotheken

Wenn man mehr als 30 Jahre Fachreferent an einer kleinen wissenschaftlichen Bibliothek war, hat man sich eigentlich immer Gedanken um die Zukunft der eigenen Tätigkeiten gemacht und auch um die Zukunft der Institution, in der man arbeitet. Das Folgende fasst meine aktuelle Sicht auf die Entwicklung des Berufsbildes von Fachreferent*innen in Bibliotheken zusammen, verbunden im zweiten Teil mit einer Übersicht über laufende praktische Fachreferent*innen-Tätigkeiten in den letzten Monaten und Jahren, es stellt also den Versuch dar, die Fragen, warum Fachreferate in der Bibliothek und damit fachlich wissenschaftlich Ausgebildete immer noch wichtig scheinen und was Fachreferent*innen eigentlich machen, zu beantworten.

Grundlage des ersten Teils ist ein von mir verfasstes internes Papier „Zur Neukonzeption des Wissenschaftlichen Dienstes an der Universitätsbibliothek der TUHH (tub.)“ aus den Jahren 2018/19, hat also eher begründenden und werbenden Charakter. Grundlage des zweiten Teils ist der Versuch, im Rahmen der Einarbeitung von Kollegen die konkreten Tätigkeiten von Fachreferent*innen zu beschreiben. Vielleicht sind diese beiden „Abfallprodukte“ – inhaltlich enthalten diese sicher kaum etwas Neues – für die einen oder anderen doch noch interessant?!

Zu meinem eigenen, nun auch schon historischen Hintergrund im Bereich des Fachreferats siehe meinen Aufsatz aus dem Jahre 1999, Transfer zwischen Wissenschaft und Bibliothek : Beispiele aus der Praxis des Fachreferats Chemie und Verfahrenstechnik (https://doi.org/10.1515/bd.1999.33.11.1835) sowie einen Text von 2006, wo ich etwas zum Berufsfeld Bibliothek für Chemiker*innen, Helfer im Informationsdschungel geschrieben habe (Nachrichten aus der Chemie 54(2006)719-720).

 

Der wissenschaftliche Dienst an Bibliotheken

Zur Situation von Bibliotheken

Die Digitalisierung sowie die laufenden und noch weiter zunehmenden Veränderungen bei der Hochschulbildung und beim wissenschaftlichen Publizieren sind die drei wichtigsten Einflussfaktoren auf die Entwicklung heutiger Bibliotheken im akademischen Bereich (Bell, Dempsey und Fister, 2015, S. 11–12, Gwyer, 2015, S. 276–279). Weltweit verändern Universitätsbibliotheken mit ihren Dienstleistungen und ihrem Bestand an digitalen und gedruckten Medien für das Forschen, Lehren und Lernen aufgrund der Digitalisierung schon lange ihre Dienstleistungsportfolios. Wissenschaftliches Arbeiten und forschendes Lernen beginnen für Forschende und Lernende auch in der Bibliothek.

Im Einklang mit Handlungsempfehlungen und –feldern in Positionspapieren diverser deutscher und internationaler Institutionen und Verbände agieren Bibliotheken mit folgenden Schwerpunkten:

  • Konsequenter Ausbau digitaler Zugriffsmöglichkeiten auf Hochschulbibliotheken
  • Unterstützung des Aufbaus von Informations-Infrastrukturen für den Life Cycle wissenschaftlicher Kommunikation und für die Transformation wissenschaftlichen Publizierens (Publikationsdienstleistungen, Management von Forschungsdaten)
  • Förderung von Open Science, Open Access und neuen Formen der Lizenzierung
  • Weiterentwicklung von Beratungs- und Unterstützungsdienstleistungen für digitale Lern- und Forschungsprozesse sowie zur Förderung digitaler Medien- und Informationskompetenz
  • Einrichtung und anregende Gestaltung digital vernetzter Lernräume, etwa Entwicklung von Konzepten zu Kreativräumen (Labs, Makerspaces)
  • Entwicklung von Nachhaltigkeitskonzepten für die langfristige Nutzbarkeit digitaler Ressourcen sowie vorhandener gedruckter Spezialbestände
  • Ausbau von Kooperation und Verbünden auf dem Campus und mit anderen wissenschaftlicher Gemeinschaften, Bibliotheksverbünden

Verstärkte Services einer Bibliothek im Rahmen von Projekten zur Öffnung der Lehre (etwa in Hamburg die HOOU – Hamburg Open Online University) und zur Förderung von offener Wissenschaft (in Hamburg das Projekt HOS – Hamburg Open Science) machen deutlich, dass forschungs- sowie lern- und lehrorientierte bibliothekarische Dienstleistungen immer mehr zusammenwachsen. Die durch solche Projekte entwickelten Möglichkeiten im Dienstleistungsbereich werden immer mehr verstetigt. Viele der oben genannten Schwerpunkte bei den Dienstleistungen sind an Bibliotheken heute schon Alltag, eine kontinuierliche Weiterentwicklung bleibt aber notwendig.

Den Aspekt der Nachhaltigkeit im Blick verfügen Bibliotheken über Erfahrungen mit Herausforderungen des Open Access und des Urheberrechts sowie über Expertise und Infrastruktur zur Erschließung mit Metadaten. Schaut man hinsichtlich erforderlicher Informations-Infrastrukturen in den Bereichen offenes Publizieren, Forschungsdaten und Open Educational Resources (OER) genauer hin, fällt immer wieder die Parallelität der Herausforderungen hinsichtlich Repositorien, Metadaten und eindeutiger Identifikatoren auf. Bibliotheken unterstützen mit ihrer Expertise das Erreichen optimaler Lösungen.

Bibliotheken sind heutzutage nicht mehr sammlungsorientiert sondern serviceorientiert (vgl. die Abbildung bei Dempsey und Malpas, 2018, S. 76):

„An academic research library should first be seen as a collection of services that support the creation of new knowledge. From this perspective, the library is not defined by its walls or by its collections, but by those very services. The goal of a library is not, then, to provide access to information, it is to provide a space—whether literal or virtual—for the support of all aspects of the scholarship process, with information provision being just one of these services.“ (Madsen, 2013)

Zur notwendigen Neuausrichtung des „Wissenschaftlichen Dienstes“

Vor dem Hintergrund der oben skizzierten Entwicklung ist die Ausrichtung des „Wissenschaftlichen Dienstes“ an Universitätsbibliotheken kontinuierlich weiter zu entwickeln. Schon heute arbeiten Bibliotheken in Bereichen, die das gesamte Wissensmanagement der Institutionen betreffen, denen sie angehören, sei es bei Aktivitäten zu einem Forschungsdaten-Repositorium, zu einem Forschungsinformationssystem bzw. einer Hochschulbibliografie, sei es beim Mitwirken an Einrichtungen wie der HOOU.

Fachreferent*innen im Wissenschaftlichen Dienst sind heutzutage nicht mehr primär durch einen Fachbezug definiert. Im wissenschaftlichen Dienst von Universitätsbibliotheken bildet zwar der fachliche Hintergrund der Fachreferent*innen weiterhin eine wichtige Stütze für die anfallenden Tätigkeiten, erleichtert er doch durch Stärkung des gegenseitigen Verständnisses zwischen Bibliothek und ihren Nutzenden die Integration der Bibliothek und deren Dienstleistungen in die Universität. Klassische fachbezogene Aufgaben im Rahmen des Bestandsmanagements (Erwerbung, sachliche Erschließung von Medien) haben aber in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung verloren.

Heute sind über die fachlichen Aspekte hinausgehende Spezialisierungen von größerer Bedeutung. Fachreferent*innen an Bibliotheken werden immer mehr zu „Liaison Librarians“ (Jaguszewski und Williams, 2013), zu „field librarians“ oder zu „functional specialists“, die verstärkt im Bereich Publizieren, auch von Forschungsdaten, der Infrastruktur für das Lernen und Lehren sowie bei der Entwicklung der Wissenschaftskommunikation und des Wissensmanagements ihrer Muttereinrichtung insgesamt tätig sind. Es ist auch abzusehen, dass die Entwicklung zukünftig immer mehr in eine Richtung geht, die auch als „embedded librarianship“ bezeichnet werden kann, also dass auf Informations-Infrastrukturen spezialisierte Menschen direkt auch in diese Infrastrukturen nutzenden Arbeitsgruppen, Instituten usw. arbeiten.

Daher sind die bisher auf die fachliche Komponente ausgerichteten Stellen im Wissenschaftlichen Dienst möglichst neu auszurichten. Dies sollte nicht nur aufgrund der oben beschriebenen veränderten Services erfolgen, sondern auch aufgrund der Herausforderung, zukünftig qualifizierte Kolleginnen und Kollegen zu finden bzw. vorhandene Kolleg*innen mit ihren spezifischen Kompetenzen dauerhaft zu binden.

Metabemerkung: Diese letzten drei, für mich wichtigsten Abschnitte dieses Teils werfen vielleicht auch die generelle Frage auf, warum überhaupt wissenschaftlich ausgebildete Menschen in Bibliotheken arbeiten sollten bzw. was überhaupt wissenschaftlich ausgebildet im Bibliotheksbereich bedeuten kann. Hier ist sicher Raum für vielfältige Diskussionen.
Natürlich hilft ein wissenschaftliches Fachstudium mit Master-Abschluss die Aufgaben der folgenden Tätigkeitskomponenten oder der oben erwähnten Spezialisierungen zu bewältigen, besonders wenn die fachlichen Aspekte direkt auf bestimmte Schwerpunkte dieser Komponenten oder der Spezialisierung zutreffen. Trotzdem gilt dies sicher nicht für alle Teile bzw. alle Spezialtätigkeiten, so dass immer auch ein „learning by doing“ eine große Rolle spielen wird. Auch Bachelor-Absolventen können ja nach eigenen Schwerpunkten und Möglichkeiten Aufgaben des wissenschaftlichen Dienstes übernehmen, sollten dann aber auch entsprechend bezahlt werden.

Tätigkeitskomponenten im Leistungsspektrum des Wissenschaftlichen Dienstes

Allgemein gehören zum Aufgabengebiet des Wissenschaftliche Dienst an Bibliotheken folgende Aspekte:

  • das Angebot akademische Unterstützungs-Dienstleistungen für Studierende, Lehrende und Forschende
  • die Entwicklung von Strategien und Konzepte für veränderte und neue Dienstleistungen zur Entwicklung, zum Aufbau und zum Unterhalt nachhaltiger Informations-Infrastrukturen für Forschung und Lehre der jeweiligen Hochschulen
  • das Sicherstellen, dass Bibliotheks-Bestände und –Dienstleistungen den Bedürfnissen akademischen Lernens, Lehrens und Forschens gerecht werden

Die spezifischen Aufgabenbereiche umfassen im Wesentlichen drei Tätigkeitskomponenten, eine Fach-Komponente, eine Service-Komponente und eine Managementkomponente.

  1. Fach-Komponente

    Diese umfasst eine fachliche Expertise in den betreuten Fachgebieten nach innen (fachspezifisches Informations- und Wissensmanagement bzgl. Erwerbung, fachlicher Erschließung und Fachinformations-Beratung) und die fachliche Außenbetreuung im Hinblick auf Studierende, wissenschaftliche Mitarbeiter*innen bzw. auf die fachlichen Einrichtungen (Institute, Fachbereiche) der Hochschule.

  2. Service-Komponente

    Zu ihr gehören Entwicklung, Aufbau und Unterhalt nachhaltiger Informations-Infrastrukturen für Forschung und Lehre, Unterstützung aller Aspekte wissenschaftlicher Forschung und Lehre, des wissenschaftlichen Life Cycles:

    • Lehr- und lernorientierte Services (Förderung wissenschaftlichen Arbeitens und digitaler Medien- und Informationskompetenz (Beratung), Unterstützung des Lernens und der Lehre an der TUHH, eLearning-Unterstützung, Digitalisierung von Lern-Materialien)
    • Forschungsorientierte Services, etwa bzgl. Daten-Management (Data Curation) bzgl. Metadaten, Linked und Open Data, Forschungsdaten sowie Unterstützung wissenschaftlichen Publizierens (Publikationsberatung: Urheberrecht, Open Access, Literaturverwaltung, alternative Modelle der Wissenschaftspublikation, Publikationsbewertung und Zitatanalyse)
    • Services, die die interne und externe Digitalisierung unterstützen (Entwicklung, Aufbau und Einsatzplanung von Electronic-Ressource-Managementsystemen, lokalen Bibliothekssysteme, Ticket-Systemen, Discovery-Systemen, Repositorien, …)
    • Veranstaltungs- und marketingorientierte Services (hochschulinterne Veranstaltungen wie Sommerfest, Nacht des Wissens, Vortragsveranstaltungen, …, externe Veranstaltungen wie Aktionswochen, Open-Access-Wochen, Konferenzen, …), aktives Benutzungs-Marketing: Road-Shows, Embedded Librarians, Social Media Engagement)
    • Gebäude- und raumorientierte Services (Lernort Bibliothek: Gestaltung, Bauplanung und Bauaufsicht, Gebäudesanierung)

    Exemplarisch folgt weiter unten für eine dieser serviceorientierten Komponenten, den Bereich „Lern- und lehrorientierte Services“, eine genauere Beschreibung.

  3. Management-Komponente

    Diese beinhaltet die Zuständigkeit für bibliotheksspezifische, interne Managementaufgaben, etwa

    • Leitungsaufgaben im Rahmen der Direktion einer Bibliothek (Strategieentwicklung, Innovations-Management, Controlling)
    • Zuständigkeit für die Erwerbung (Erwerbungs-Management: Erwerbungskooperationen, Konsortien, Patron Driven Acquisition, Pay-Per-View-Modelle, Archivierungskonzepte)
    • Zuständigkeit für die Medienbearbeitung (Richtlinienkompetenz, Metadaten-Management)
    • Zuständigkeit für die Benutzung (Richtlinienkompetenz, evtl. Nutzungsforschung (Usability engineering): Usability-Tests, qualitative Interviews, Fokusgruppen und Experten-Analysen)
    • Zuständigkeit für Digitale Dienste (Infrastrukturplanung und –entwicklung: Web Services, mobile Anwendungen …; digitale Langzeit-Archivierung)
    • Zuständigkeit für die Verwaltung (Organisations-Management, Controlling, Personal-Management)

Je nach persönlichem Hintergrund und persönlichen Kompetenzen, den persönlichen Profilen von Stelleninhabern und Bewerbenden sollten die verschiedenen Teil-Komponenten (Fach, Service und Management) einer Tätigkeit im Wissenschaftlichen Dienst kombinierbar sein. So wäre es zukünftig auch denkbar, dass – zumindest in kleineren Bibliotheken – nur eine oder zwei Personen des Wissenschaftlichen Dienstes die bisherigen klassischen Tätigkeiten im Fachreferat (Erwerbungsentscheidung, sachliche Erschließung, Informationskompetenz-Förderung) wahrnehmen.

Eigene Forschung und Entwicklung an Informationsinfrastruktureinrichtungen, wie sie durch Universitätsbibliotheken etwa durch den Betrieb von Discovery-Systemen und Repositorien betrieben werden, wird zukünftig weiter zunehmen und Bestandteil der normalen Tätigkeiten im wissenschaftlichen Dienst sein.

Schon 2012 begründete der Wissenschaftsrat implizit den notwendigen weiteren Ausbau des wissenschaftlichen Dienstes an Hochschulbibliotheken, indem er die Forschungsnähe von Informations-Infrastruktureinrichtungen, die „den Nutzerinnen und Nutzern insbesondere aus Wissenschaft und Bildung den Zugriff auf die wichtigsten relevanten Daten, Informationen und Wissensbestände ermöglichen [müssen, betonte]. Zudem sollten sie hochwertige Angebote zur Schulung und Beratung der Nutzerinnen und Nutzer unterbreiten; mit dieser Aufgabe sollten sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betrauen, die sich mit aktuellen Forschungsfragen auseinandersetzen. Um sicherzustellen, dass die Einrichtungen ihre Aufgaben gemäß dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik wahrnehmen, müssen sie eigene Forschung und Entwicklung leisten.“ (Wissenschaftsrat, 2012, S. 12) „Darüber hinaus zählen eigene Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten zu den Aufgaben der Einrichtungen; sie sind eine wichtige Voraussetzung für eine Aufgabenwahrnehmung gemäß dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik und ermöglichen Impulse aus diesen Einrichtungen für die Wissenschaft.“ (Wissenschaftsrat, 2012, S. 17)

Dienstleistungsfelder wissenschaftlicher Bibliotheken

In einem Positionspapier „Wissenschaftliche Bibliotheken 2025“ (Sektion 4 „Wissenschaftliche Universalbibliotheken“ im Deutschen Bibliotheksverband e.V., 2018) sind acht zentrale Handlungsfelder definiert:

  1. Open Access und neue Formen der Lizenzierung
  2. Publikationsdienstleistungen
  3. Management von Forschungsdaten
  4. Überregionale Informationsversorgung für Fachcommunities
  5. Langfristige Nutzbarkeit digitaler Ressourcen
  6. Digitalisierung von Quellen des kulturellen Erbes
  7. Etablierung von Kreativräumen (Cultural Labs, community-orientierte Makerspaces)
  8. Förderung digitaler Medien- und Informationskompetenz

Weltweit verändern Universitätsbibliotheken aufgrund der Digitalisierung ihre Dienstleistungsportfolios. 2018 hat OCLC, weltweit tätige Non-Profit-Organisation und Bibliotheks-Dienstleister, in einem Bericht die Schlüsselbereiche zusammengefasst:

  • „Convene Campus Community: Provide spaces and facilitate programs for the community broadly or specific sub-populations to generate engagement, outreach, and inclusion.
  • Enable Academic Success: Support instruction, facilitate learning, improve information literacy, and/or maximize retention, progression, graduation, and later life success.
  • Facilitate Information Access: Enable discovery and usage of information resources of any format or ownership; provide for preservation of general collections.
  • Foster Scholarship and Creation: Deliver expertise, assistance, tools, and services that support research and creative work.
  • Include and Support Off-Campus Users: Provide equitable access for part-time students, distance and online learners, and other principally off-campus/non-campus/remote users.
  • Preserve and Promote Unique Collections: Ensure the long-term stewardship of rare materials and special collections, and maximize their usage.
  • Provide Study Space: Provide physical spaces for academic collaboration, quiet study, and technology-enhanced instruction and/or learning.
  • Showcase Scholarly Expertise: Promote research excellence and subject matter expertise of scholars and other affiliates; includes repository activities for open access preprint materials.
  • Transform Scholarly Publishing: Drive toward modernized formats, revamped business models, and reduced market concentration.“ (Maplas et al., 2018)

Vgl. auch die Themen als „Top Trends“ 2018 für wissenschaftliche Bibliotheken des (Committee, ACRL Research Planning and Review, 2018).

Diese Dienstleistungen von Bibliotheken betreffen heute primär vier Säulen:

  • “Curation, by which I mean the selection, preservation, maintenance, collection and archiving of, and provision of access to, materials […]
  • Engagement with research and learning.
  • Publishing, ranging from the most modest reproduction and dissemination of materials to full-blown editorial processes with peer review.
  • Creating and managing spaces devoted to users and collections” (Wilkin, 2015, S. 237)

Auch das Hochschulforum Digitalisierung kommt in ihrem im Sommer 2015 veröffentlichten Arbeitspapier „Hochschulbibliothek der Zukunft“ auf vier „Handlungsempfehlungen“:

  • „Digitale Zugriffsmöglichkeiten auf Hochschulbibliotheken konsequent ausbauen
  • Möglichkeiten von Kooperation und Verbünden prüfen und ggf. umsetzen
  • Beratungsdienstleistungen für digitale Lern- und Forschungsprozesse weiterentwickeln
  • Digital vernetzte Lernräume einrichten und anregend gestalten
  • Nachhaltigkeitskonzepte insbesondere für Archivierung und Datentransfer entwickeln“ (Euler, 2015, S. 8)

Bzgl. der dritten Empfehlung heisst es im Papier mit Verweis auf den Horizon-Report (New Media Consortium, 2015) sowie auf die HRK-Stellungnahme (Hochschulrektorenkonferenz, 2012), zusätzlich zu einer hier auch genannten „Kompetenzerweiterung“ in Richtung „Data Librarian“: „Für die Hochschulbibliotheken handelt es sich im Einzelnen um Beratungsdienstleistungen insbesondere zu den Grundlagen des Informationsmanagements, zu den rechtlichen Implikationen, zum digitalen Lern- und Forschungsprozess (Open Educational Resources, Data-Mining, Visualisierungen, Open Access) und zur Langzeitarchivierung.“ (Euler, 2015, S. 6)

Ein aktueller amerikanischer Report sieht Bibliotheken der Zukunft als akademischen Hub (Knoten in einem Netzwerk) oder als Application Store (Tancheva et al., 2016, S. 41). Diese Bilder basieren auf folgenden Erkenntnissen, die die heutige Situation von Forschenden und Lernenden sehr gut beschreiben:

  • „Search is idiosyncratic [spezifisch, eigentümlich] and is not important. Consequently, library services will be organized around research, not around search. They will revolve not so much around organizing information, but around making sense of the information.
  • Research has no closure. It is ubiquitous [allgegenwärtig]. Consequently, library services will be ubiquitous.
  • Note-taking is idiosyncratic. Therefore, it is difficult to imagine how the library of the future might integrate with the note-taking processes for researchers. Although this is an important part of the research process, the individual nature of note-taking suggests that the library of the future should bypass much investment in this area of academic activity.
  • Experts rule. Serious researchers have “good enough” systems that work for them in information seeking and knowledge production. When they fail them, they seek the expert. Consequently, library services will be expert, smart services: personalized, flexible, and portable.
  • Research is collaboration. Although each individual is often working on their own project, they typically have at least one other individual who they are working closely with on that project, and they are not always co-located. In supporting research, the library of the future can support and/or facilitate the collaborative research and writing process.” (Tancheva et al., 2016, S. 40)

Ein im Juni 2016 erschienener Artikel mit dem Titel „2016 top trends in academic libraries“ (ACRL Research Planning und Review Committee, 2016) hebt u.a. „Research Data Services“, “Digital Scholarship” und OER als wichtige Punkte hervor. Hier eine Auswahl von Punkten, die in anderen Trendberichten genannt werden:

  • Rethinking library spaces, Increasing focus on research data management, Prioritization of mobile content and delivery (New Media Consortium, 2015)
  • Changing user behavior, Legal/Statuary issues (Copyright, intellectual property, and data protection), Collaboration (Gwyer, 2015, S. 279–281)
  • Embedded librarianship, Need to engage, Being in their space, Transliteracy, The researcher as a non-user (Delaney und Bates, 2014)

Ideen zu einer Bibliothek 4.0 (Noh, 2015) umfassen u.a. Konzepte wie Makerspace, Open Source, Big Data und Cloud Service.

Der ständige Wandel erfordert stetes Anpassen von Strukturen und Aufgabenstellungen von Bibliotheken, was durch deren immer stärkere Vernetzung mit der Mutterinstitution, deren Einrichtungen aber auch mit nationalen und internationalen Bibliotheksverbünden oder durch Konsortien verstärkt wird.

Was sind Kernkompetenzen von Bibliotheken, was unterscheidet diese von reinen IT-Einrichtungen oder Rechenzentren? Forschende antworten vielleicht, dass diese einen kritischeren Blick auf Daten fördern sollten und dass eine Bibliothek dafür als ein Teil von Bildung Bewusstsein wecken sollte. Über die reine technische Konnektivität hinaus ist so etwas wie Kommunikationsmanagement notwendig. Bei jeder Stufe der Pyramide von Daten zu Information, zu Wissen und zu Weisheit kommt mehr Wert (Mehrwert!) und Kontext hinzu, den Bibliotheken mit schaffen. Hier spielen besonders auch rechtliche Anforderungen zunehmend eine Rolle. Das Kommunikationsmanagement müsse aktiv passieren, etwa werden bei Verträgen zum Beispiel mit Verlagen auch Werte verhandelt.

Als Informations-Infrastrukturen fühlen sich Bibliotheken besonders für Standards, Schnittstellen, Identifier und Formate zuständig und bringen den Aspekt von Nachhaltigkeit und Archivierung auch im Sinne der Langzeitbewahrung einer Kultur mit ein. Auch der Anspruch einen politisch und gesellschaftlich neutralen Zugang zu Information zu ermöglichen, ist eine wichtige Aufgabe von Bibliotheken im gesellschaftlichen Kontext, der heute vielleicht auch nicht mehr als so selbstverständlich gesehen wird.

Beispiel für lern- und lehrorientierte Services des Wissenschaftlichen Dienstes

Als lern- und lehrorientierte Services des Wissenschaftlichen Dienstes sind konkret innovative Dienstleistungen im Bereich der Förderung digitaler Medien- und Informationskompetenz und des wissenschaftlichen Arbeitens, zur Beratung zum Publizieren, zu Open Access, zu Forschungsdaten und zum Urheberrecht gefragt. Informationskompetenz wird also zunehmend als Teil einer Kompetenz verstanden, die den gesamten Prozess wissenschaftlicher Kommunikation und des wissenschaftlichen Publizierens umfasst.

Fachreferent*innen könnten z.B. im Rahmen von Lehrinnovationsprojekten wirken, etwa wie an der TU Hamburg um beim Bachelor-Studiengang Verfahrenstechnik im Rahmen von Lehrveranstaltungen erste Einführungen zum Thema wissenschaftliches Arbeiten anzubieten, die durch zuständige Fachreferent*innen der Bibliothek durchgeführt wurden.

Forschungsbezogene Lehre umfasst es eigentlich auch, sich mit den Ergebnissen von Forschung auseinanderzusetzen, diese zu diskutieren und/oder auch gar selbst welche zu produzieren. Dazu wird auch zum Bereich Wissenschaftliches Arbeiten eine Art Lernplattform für offene Lern- und Lehrmaterialien gewünscht. Auch Ideen, Studierenden so etwas wie einen Publikationsprozess mit Peer-Feedback zu ermöglichen, werden geäußert.

Die Frage „Wie funktioniert eigentlich Forschung?“ gewinnt als Thema für jedes Lernen und Lehren an Hochschulen immer mehr an Bedeutung. Für das Lernen und Lehren sollten Beratung und Tutorials zu Themen wie „Fachinformation finden und nichts Wichtiges übersehen“, Literaturverwaltung und Wissenschaftliches Arbeiten sowie Publizieren und Urheberrecht angeboten werden. Eine Integration dieser Serviceangebote für Studierende in Lehrveranstaltungen sollte auf Anfrage möglich sein.

Die Möglichkeit von Literaturzusammenstellungen für Lehrveranstaltungen in Form von Semesterapparaten sowie Beratung zum Thema eLearning können Serviceangebote für die Lehre abrunden.

Bibliotheken können auch beim Umgang mit sog. Open Educational Resources (OER), d.h. frei verfügbaren Bildungsmaterialien jeglicher Art unter einer offenen Lizenz, ein wichtiger Partner sein (Jensen und West, 2015). Denn sie verfügen über Erfahrungen mit den Herausforderungen des Open Access und des Urheberrechts sowie über Expertise und Infrastruktur zur Erschließung mit Metadaten.

Weitere Aufgaben im Bereich lehr-lernorientierter Services können sein:

  • vorhandene Formate für Beratung und Auskunft weiter zu entwickeln (etwa Lernzirkel, „coffee talks“),
  • digital vernetzte Lernräume virtuell und physisch vorzubereiten und zu gestalten,
  • digitale Zugriffsmöglichkeiten weiter auszubauen, wobei diese aber auch durch professionelles Marketing den Kunden nahezubringen sind, etwa via Social-Media-Anwendungen oder durch die Gestaltung und Produktion von Informations- und Kommunikationsmitteln in gedruckter und elektronischer Form (Webseiten, Plakate, Flyer etc.).

Die Individualisierung von Dienstleistungen benötigt ggf. Nutzer-Umfragen als Grundlage und eine Kundenorientierung, die durch Usability-Forschung intensiviert werden kann. Auch für eine potentielle Beteiligung von Nutzenden bei der Weiterentwicklung der Bibliothek gibt es international Vorbilder.

Hier noch ein Hinweis auf einen Text zur Digitalisierung an Hochschulen, der von besonderer Relevanz für Aspekte der Lehre ist und der mir bei den vielen Texten zur Digitalisierung an Hochschulen, die es ja gibt, bisher mit am besten gefallen hat. Vielleicht liegt das auch daran, dass bei der Arbeitsgruppe des Hochschulforums Digitalisierung, die diesen Text zu verantworten hat, neben einem Informationsphilosophen auch ein Bibliothekar, ein Leiter einer UB, mit dabei waren.

Hochschulforum Digitalisierung Arbeitspapier 50 „Was bedeutet Hochschullehre im digitalen Zeitalter? Eine Betrachtung des Bildungsbegriffs vor den Herausforderungen der Digitalisierung“ (Oktober 2019)

Es geht im Text eher um Bildung statt um Kompetenzen. Neben (Fach-)Wissenschaft und Arbeitsmarktvorbereitung wird hier besonders die Bedeutung der Persönlichkeitsbildung hervorgehoben, wobei „digital literacy“ – umfassend als digitale Bildung gedacht -beim Umgang mit Wissen hervorgehoben wird. Sicher alles nichts Neues, aber für mich selten an einer Stelle so zusammengefasst.

Weitere oben genannte Literatur

ACRL Research Planning und Review Committee, 2016. 2016 top trends in academic libraries: A review of the trends and issues affecting academic libraries in higher education. College & Research Libraries News, 77(6), 274-281. College & Research Libraries News. Verfügbar unter: doi:10.5860/crln.77.6.9505

Bell, S.J., L. Dempsey und B. Fister, 2015. New roles for the road ahead. Essays commissioned for the ACRL’s 75th anniversary. Chicago, IL: Association of College and Research Libraries [Zugriff am 17. Mai 2021]. Verfügbar unter: http://www.ala.org/acrl/sites/ala.org.acrl/files/content/publications/whitepapers/new_roles_75th.pdf

Committee, ACRL Research Planning and Review, 2018. 2018 top trends in academic libraries: A review of the trends and issues affecting academic libraries in higher education. College & Research Libraries News, 79(6), 286. Verfügbar unter: https://crln.acrl.org/index.php/crlnews/article/download/17001/18739

Delaney, G. und J. Bates, 2014. Envisioning the Academic Library. A Reflection on Roles, Relevancy and Relationships. New Review of Academic Librarianship, 21(1), 30-51. ISSN 1361-4533. Verfügbar unter: doi:10.1080/13614533.2014.911194

Dempsey, L. und C. Malpas, 2018. Academic Library Futures in a Diversified University System. In: N.W. Gleason, Hg. Higher Education in the Era of the Fourth Industrial Revolution. Singapore: Springer Singapore, S. 65-89. ISBN 978-981-13-0194-0. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1007/978-981-13-0194-0_4

Empfehlungen zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen in Deutschland bis 2020, 2012. Köln: Geschäftsstelle des Wissenschaftsrates. ISBN 9783935353649. Verfügbar unter: http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/2359-12.pdf

Euler, E., 2015. Hochschulbibliothek der digitalen Zukunft. Zwischenbericht. Hochschulforum Digitalisierung. Berlin: Edition Stifterverband – Verwaltungsgesellschaft für Wissenschaftspflege mbH. Arbeitspapier. 4 [Zugriff am 17.Mai 2021]. Verfügbar unter: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:101:1-201510233260

Gwyer, R., 2015. Identifying and Exploring Future Trends Impacting on Academic Libraries . A Mixed Methodology Using Journal Content Analysis, Focus Groups, and Trend Reports. New Review of Academic Librarianship, 21(3), 269-285. ISSN 1361-4533. Verfügbar unter: doi:10.1080/13614533.2015.1026452

Hochschulrektorenkonferenz, 2012. Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern. Entschließung der 13. Mitgliederversammlung der HRK am 20. November 2012 in Göttingen [Zugriff am: 17. Mai 2021]. Verfügbar unter: https://www.hrk.de/themen/hochschulsystem/zukunft-der-digitalen-information/

Jensen, K. und Q. West, 2015. Open educational resources and the higher education environment: A leadership opportunity for libraries. College & Research Libraries News, 76(4), 215-218. College & Research Libraries News. Verfügbar unter: doi:10.5860/crln.76.4.9298

Madsen, C., 2013. The wrong business for libraries. In: D.J. Cohen und T. Scheinfeldt, Hg. Hacking the Academy: New Approaches to Scholarship and Teaching from Digital Humanities. Ann Arbor, MI: University of Michigan Press. ISBN 978-0-472-07198-2.

Maplas, C., R. Schonfeld, R. Stein, L. Dempsey und D. Marcum, 2018. University Futures, Library Futures: Aligning Library Strategies with Institutional Directions. OCLC Research. Dublin, OH [Zugriff am 17.Mai 2021]. Verfügbar unter: https://doi.org/10.25333/WS5K-DD86

New Media Consortium, 2015. NMC horizon report. Library Edition [Zugriff am 17.Mai 2021]. Verfügbar unter: http://www.nmc.org/publication/nmc-horizon-report-2015-library-edition/

Noh, Y., 2015. Imagining Library 4.0. Creating a Model for Future Libraries. The Journal of Academic Librarianship, 41(6), 786-797. ISSN 00991333. Verfügbar unter: doi:10.1016/j.acalib.2015.08.020

Sektion 4 „Wissenschaftliche Universalbibliotheken“ im Deutschen Bibliotheksverband e.V., 2018. Wissenschaftliche Bibliotheken 2025. beschlossen von der Sektion 4 „Wissenschaftliche Universalbibliotheken“ im Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) im Januar 2018 [Zugriff am 17.Mai 2021]. Verfügbar unter: https://www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/Sektionen/sektion4/Publikationen/WB2025_Endfassung_endg.pdf

Tancheva, K., G. Gessner, N. Tang, E. Eldermire, H. Furnas, D. Branchini, G. Steinhart und N. Foster, 2016. A Day in the Life of a (Serious) Researcher. Envisioning the Future of the Research Library. New York: Ithaka S+R [Zugriff am 17.Mai 2021]. Verfügbar unter: https://doi.org/10.18665/sr.277259

Wilkin, J.P., 2015. Meanings of the library today. In: A. Crawford, Hg. The meaning of the library. A cultural history. Princeton New Jersey: Princeton University Press, S. 236-253. ISBN 0691166390 [Zugriff am 17.Mai 2021]. Verfügbar unter: http://hdl.handle.net/2142/79053

 

Eigene Praxis im Januar 2021

Klassische Fachreferatsaufgaben, also Erwerbung und Sacherschließung, machten bei mir zum Schluss max. 5-15 % meiner Arbeitszeit aus.

Tätigkeiten in der Erwerbung

Das Fachreferat ist Ansprechpartner für Anschaffungsvorschläge für die Universitätsbibliothek (sowie zuständig für Literaturauswahl und Erwerbungskoordination) in den betreuten Fächern.

  • Jeden Tag ins Ticketsystem schauen: Anschaffungsvorschläge von Nutzenden, die die eigenen Fachgebiete betreffen, möglichst schnell beantworten, Mails mit Vorschlägen anderer Fachgebiete Kolleg*innen zuweisen, positiv beschiedene Vorschläge (ca. 90-95% der Vorgänge) an die Medienbearbeitung zuweisen.
  • Angehörige der Hochschule können und sollen Bücher für ihre Arbeit nur über die Bibliothek bestellen. Wir bekommen als Bibliothek 5% Bibliotheksrabatt bei deutschen Verlagen; bei ausländischen Verlagen ist der Medienbearbeitung bekannt, bei welchen Buchhändlern Bücher welcher Verlage mit der günstigsten Rabattierung zu bekommen sind.
  • Eigene Erwerbungs”ideen” für die betreuten Fächer gehen direkt an die Medienbearbeitung, diese entstehen z.B. durch Auswertung von Listen der Deutschen Nationalbibliothek (Deutsche Nationalbibliografie), durch Durchsicht von Prospekten, durch Recherchen im GVK des GBV (machte ich, wenn ich mal systematisch nach neueren Lehrbüchern und Standardwerken der betreuten Fachgebiete schaue).
  • Überblick behalten über die verfügbaren Mittel, Kostenstellen des normalen Bibliotheksetats aufgeteilt nach Digital Library, Monografien, Lehrbuchsammlung und Dienstapparate werden bewirtschaftet, aber auch Sondermittel sind differenziert auszugeben.
  • Entscheidungen für Bücher für die Lehrbuchsammlung (häufig nachgefragte Werke kommen als Lehrbücher in die Lehrbuchsammlung, mindestens 5-7 Exemplare, dabei sind auch Präsenz-Exemplare zu berücksichtigen)
  • Dienstapparate werden betreut. Jedes Institut darf einen Dienstapparat haben (an der tub. bis zu 100 gedruckte Bände als eine Art Dauer-Ausleihe). In den letzten Jahren wurde der Bedarf der Institute immer geringer. Wenn ein Werk für den Dienstapparat angeschafft wurde, bin ich meistens davon ausgegangen, dass es auch sonst für andere interessant ist und habe ein zweites Exemplar für den normalen Bibliotheksbestand bestellt.
  • Entscheidung über Kauf von eBook-Paketen erfolgt im Laufe des Jahres in den Abstimmungsgremien der Bibliothek: Durch den Kauf von eBook-Paketen der Verlage kommen nur noch wenige gedruckte Werke ins Haus (mehr als 85% des jährlichen Medienetats gingen in den letzten Jahren ins Digitale)
  • Entscheidung digital oder gedruckt bei Erwerbungsvorschlägen:
    – abhängig vom Preis (seit Corona war ich auch öfter bereit, für eBooks deutlich mehr zu zahlen als für die gedruckten Exemplare) und von den Zugangsbedingungen. Gekauft wurden bei eBooks eigentlich immer nur Lizenzen für den dauerhaften Zugriff (Archivrecht) bei Verlagen, wo der Zugriff auf diese (in der Regel PDF, oft auch schon ePub) auch keinem DRM unterliegt und via IP-Kontrolle oder Shibboleth möglich ist,
    – seit Corona werden auch eBooks-Angebote beschafft, die ein weiches DRM haben. So gibt es eBooks im Zugriff, die fast nur online zu lesen sind oder wo ein Download von einzelnen Kapiteln in begrenzter Anzahl innerhalb einers definierten Zeitraumes nur nach Anmeldung via Shibboleth möglich ist.
    – bei vorhandener digitaler Version schaffte ich nur auf ausdrücklichem Wunsch des Nutzenden und ggf. auf Nachfrage ein gedrucktes Exemplar an.
  • Erfahrungen sammeln mit eBook-Modellen der verschiedenen Verlage
  • In der Regel am Ende des Jahres Auswahl zu kaufender eBooks bei EBS-(Evidence Based Selection)-Modellen von Verlagen. Eine Entscheidung erfolgte hier nicht nur nach der Nutzungs-Statistik, habe oft auch aktuelle im Laufe des Jahres erschienene, einschlägige Titel erworben, die (bisher) nicht so viel genutzt werden konnten.
  • Zeitschriften: Entscheidungen über Neu-Bestellungen nur nach Ab-/Zustimmung in den Abstimmungsgremien der Bibliothek. Viele Pakete werden regelmäßig verlängert, wobei aber immer darauf geschaut werden sollte, wie die Zugriffs-Statistiken sich jeweils entwickeln. Preise für Zeitschriften auch der Pakete steigen jährlich zwischen 1-10 %.
  • Auf dem Laufenden bleiben beim Thema Open Access und dessen Entwicklung (green, gold, hybrid, APCs etc.)
  • Datenbanken: Entscheidungen über Neu-/Abbestellungen nur nach Ab-/Zustimmung im Haus.
  • Umgang mit Geschenken, Dubletten- und Dissertationslisten: Geschenke habe ich in den letzten Jahren so gut wie gar nicht mehr einarbeiten lassen, es sei denn Dissertationen aus den ingenieurwissenschaftlichen Kerngebieten der TU Hamburg: Manche kommen gedruckt einfach ohne Anforderung ins Haus.
    Ab und zu kommen Listen von Dissertationen anderer Unis ins Haus, wo ausgewählt werden kann, welche gedruckt ins Haus kommen sollen. Für meine ingenieurwissenschaftlichen Kerngebiete mache ich dies nur dann, wenn es keine digitale Version gibt. Digitale Versionen von Dissertationen werden für die Fachgebiete, die für die TU interessant sind, automatisch von der Verbundzentrale (VZG) unserem Bestand zugeordnet („angesigelt“), wenn diese neu in die zentrale Datenbank des Verbundes eingespielt werden.
  • Datenbank-Informationssystem (DBIS): Neue Datenbanken in DBIS, die kostenfrei zugänglich sind (grün), werden eventuell nach Vorauswahl in die für die TUHH spezifischen Fach-Listen von DBIS übernommen. Diese tauchen ansonsten nur in den allgemeinen, nicht TUHH-spezifischen Fachlisten von DBIS auf.
  • Aussonderung/Pflege des Lesesaal-Bestandes: Es können Listen für die Lehrbuchsammlung kommen, wo entschieden werden muss, ob diese Werke als Lehrbücher in der Lehrbuchsammlung bleiben. Mein Standard war bisher, dass ich in der Regel den Vorschlägen folge, ältere Werke ganz aus dem Lesesaal nehme ggf. wenn vorhanden, neue Auflage bestelle. Aber ein Exemplar sollte auf jeden Fall im Magazin stehen, wenn es keine Neuauflage gibt.
    Alle 2-3 Jahre sollte man mal durch den Bestand im Lesesaal gehen und Werke ins Magazin verlagern (bei mehreren vorhandenen Exemplaren, maximal eines ins Magazin) oder ganz makulieren (etwa bei nicht mehr laufenden Loseblattsammlungen und Werke, wo Neuauflagen vorhanden sind bzw. Werke, die veraltet sind und nicht aus den ingenieurwissenschaftlichen Kerngebieten stammen.)
  • Ab und zu kommt die Frage nach einer Entscheidung, ob ein gedrucktes Werk, das beschädigt ist, wiederbeschafft oder bei einem externen Buchbinder repariert werden soll. Wenn das Werk auch online verfügbar ist, verzichte ich meistens auf irgendwelche Geldausgaben.
  • Überblick über Statistiken mit den Zugriffszahlen auf Medien, meist verlagsbezogen.

Tätigkeiten bei der Sacherschließung

Theorie der Bestandserschließung: Alle in die Bibliothek eingearbeiteten Medien werden zur Verbesserung der Recherche im Katalog mit Notationen einer relativ groben Klassifikation (Basisklassifikation) sowie mit Schlagwörtern versehen. Dazu kommt eine Standortentscheidung bei gedruckten Medien.

Die grundsätzliche Frage, wofür macht man heutzutage im Zeitalter der Suchmaschinen überhaupt noch Sacherschließung in Bibliotheken durchführt, führt sicher immer wieder zu interessanten Diskussionen. Durch Vergabe von einer Notation einer groben Klassifikation ließen sich leicht Neuerwerbungslisten produzieren. Grobe KLassifikationen erlauben es, Treffermengen etwa durch Facetten einzuschränken, vorausgesetzt alle Werke in einer Datenbank sind mit solchen Notationen in den Metadaten beschrieben, was zumindest in den Datenbanken des Gemeinsamen Bibliotheksverbunds nur für einen geringen Teil der Werke zutrifft. Das Ergänzen mit Schlagwörtern aus der Gemeinsamen Normdatei fügt Synonyme des jeweiligen Schlagwortes zum Datensatz hinzu, wodurch Nutzende bei der zufälligen Suche mit diesen Synonymen alle Werke in der Treffermenge haben, die mit solch einem Schlagwort versehen sind. Was nützten allerdings mit Norm-Schlagwörtern versehene Datensätze, wenn etwa die Suchmaschinen von Discovery-Systemen mit Datensätzen gefüttert werden, wo die Synonyme nicht mit übernommen werden? Halbautomatische und automatische Erschließungsmethoden benötigen allerdings aus meiner Sicht oft auch einen Grundstock an intellektueller Erschließung (s.u.).

  • Standortentscheidung: Lesesaal (Nachschlagewerke, Einführungen, Gesamtdarstellungen, Lehrbücher, die in einem Exemplar gekauft wurden, selten stehen auch 2-3 Exemplare eines Werkes im Lesesaal), Lehrbuchsammlung (häufig nachgefragte Werke kommen als Lehrbücher in die Lehrbuchsammlung, mindestens 5-7 Exemplare) oder Magazin (alles andere: Konferenz-Proceedings, Dissertationen, graue Literatur, u.a. spezielle Werke).
  • Klassifikatorische Sacherschließung standortgebunden: Vergabe der Freihand- bzw. Lesesaal-Signatur (wenn Exemplar in Lesesaal oder Lehrbuchsammlung geht). Doppel-Signaturen sind zu vermeiden.
  • Weitere Sacherschließung mit den Notationen einer Klassifikation und mit Schlagwörtern habe ich nur für gedruckt ins Haus kommende Medien gemacht. Alle Werke, Aufsätze, eBooks usw., die digital und über Pakete Teil des Bestandes werden, blieben außen vor.
  • Halbautomatische Erschließungsmethoden, so übernahm und übernimmt die VZG dann und wann Sacherschließungs-Elemente, die an gedruckten Werken hängen, auch für die entsprechenden digitalen. Projekte wie coli-conc oder der Digitale Assistent zur Sacherschließung ermöglichen es vielleicht einmal, die Utopie einer einheitlichen, umfassenden, also flächendeckenden Erschließung von Beständen in Bibliotheken zu erreichen. Meine Vision war etwa, dass über solche Konkordanzen zwischen Klassifikationen wie die bei coli-conc (Meine dort enthaltene Konkordanz BK-DDC für die Chemie habe ich vor weit mehr als 10 Jahren erstellt) maschinell mal ganz viele Titel wechselseitig mit anderen Klassifikations-Notationen versehen werden, so dass bei Recherchen in Datenbanken, die diese Daten enthalten, flächendeckend Treffermengen mit einer (groben) Klassifikation eingeschränkt werden können.
    Voraussetzung für automatische Methoden bleibt aus meiner Sicht ein Grundstock intellektuell erschlossener Werke, die dann die maschinellen Methoden auswerten und mit ihrem “Wissen” nicht erschlossene Werke automatisch mit Sacherschließungs-Elementen versehen.
  • Klassifikatorische Sacherschließung standortungebunden: Alle gedruckt ins Haus kommenden Medien werden “möglichst” mit einer Notation der Basisklassifikation versehen.
  • Verbale Sacherschließung durch die Vergabe von Schlagwörtern der Gemeinsamen Normdatei.
  • Schwerpunkt der Sacherschließung bei Medien im Bestand, die aus der TUHH stammen: Im Sinne der Inside-Out Library sollte ein Schwerpunkt der Sacherschließung auf Medien aus der TUHH liegen. Hier sollten möglich auch die digital über das lokale Repository verfügbaren Dissertationen und Dokumente erschlossen werden.

Sonstige Tätigkeiten

  • Kontakt zu den Instituten halten
  • Erstellen und Pflege von Fachinformations-Webseiten?! (Wie zeitgemäß ist das eigentlich noch?) Spezielle Seiten von mir:
    Stoffdaten, – Patente, – Projektierungskurs Verfahrenstechnik, – Sich informieren – Tipps zum Überleben
  • Erfahrungen sammeln und Vertrautsein mit den Datenbanken, den Medien, dem Informations- und Publikationsverhalten etc. in den betreuten Fächern
  • Beratung zur Förderung von Informationskompetenz, zum (systematischeren) Umgang mit Information in den betreuten Fächern. Dazu gehören: Bewusstmachen von Recherchestrategien in Datenbanken und Suchmaschinen zum Finden von Fachinformation, Beratung zur Recherche nach Patenten, Normen und Reports als Teil spezieller technischer Fachinformation, Beratung zur Nutzung von Information (z.B. zu Literaturverwaltungs-Programmen, zum Publizieren und wissenschaftlichen Arbeiten (etwa richtigem Zitieren), zu Open Access und zum Geistigen Eigentum bzw. zur Guten Wissenschaftlichen Praxis).
  • dann und wann Blog-Beiträge im Blog der eigenen Bibliothek

Materialien, wenn man sich grundlegend über das Bibliothekswesen und die Tätigkeiten im Fachreferat informieren will

  • Grundsätzliches über das Bibliothekswesen in Deutschland: Jürgen Seefeldt und Ludger Syré: Portale zu Vergangenheit und Zukunft – Bibliotheken in Deutschland. Im Auftrag von Bibliothek und Information Deutschland e.V. (BID) herausgegeben. 5. überarb. u. erw. Auflage. Hildesheim: Olms Verlag, 2017. https://media02.culturebase.org/data/docs-bideutschland/Portale_deutsch.pdf
  • Theoretische Darstellungen zur Sacherschließung:
    • Ein Kapitel in einem klassischen, mehrfach aufgelegtem Werk: Gantert, K. (2016). II. Bestandserschließung (Katalogisierung). In Bibliothekarisches Grundwissen (S. 175–256). De Gruyter Saur. https://doi.org/10.1515/9783110321500-017
    • Stumpf, G. (2014). 5.2 Sacherschließung und Kataloganreicherung. In R. Griebel, H. Schäffler, & K. Söllner (Hrsg.), Praxishandbuch Bibliotheksmanagement. De Gruyter. https://doi.org/10.1515/9783110303261.357. Das Sammelwerk selbst ist sicher auch noch eine recht aktuelle Einführung in die Bibliothekspraxis.
    • Reimer, U. (2013). B 3 Wissensorganisation. In R. Kuhlen, W. Semar, & D. Strauch (Hrsg.), Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation. De Gruyter Saur. https://doi.org/10.1515/9783110258264.172 Auch hier das Sammelwerk allgemein interessant.
    • Dessen alte Auflage, Laisiepen, K., Lutterbeck, E., Meyer-Uhlenried, K.-H., Buder, M., Rehfeld, W., Seeger, T., & Strauch, D. (Hrsg.). (1996). Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation: Ein Handbuch zur Einführung in die fachliche Informationsarbeit. De Gruyter Saur. https://doi.org/10.1515/9783110961355 hat im Teil B die ersten 5 Kapitel, die manche Grundlagen sicher auch ganz gut erläutern.
    • Ganz aktuell ist dieses Werk: Werner, K. U. (Hrsg.). (2020). Bibliotheken als Orte kuratorischer praxis. De Gruyter Saur. mit diesem Aufsatz drin: Manuel Hora. (2020). Erschließung von Bibliotheksbeständen. In K. U. Werner (Hrsg.), Bibliotheken als Orte kuratorischer praxis (S. 139–150). De Gruyter Saur. https://doi.org/10.1515/9783110673722
    • Materialien zur kooperativen Sacherschließung im Gemeinsamen Bibliotheksverbund (GBV): https://www.gbv.de/bibliotheken/verbundbibliotheken/02Verbund/01Erschliessung/02Verbund/01Erschliessung/05Sacherschliessung/index