Zur sozialen Konstruktion von Recherche-Ergebnissen

Zum Nachdenken über die Alternative zwischen der Verbesserung von Recherche-Tools und der Förderung von Informationskompetenz finde ich als Modell die in diesem Blog vor kurzen schon mal erwähnte Akteur-Netzwerk-Theorie von Latour und anderen interessant. Akteure und ihre Netzwerke in diesem Sinne lassen die Realitäten von Nutzenden und ihren Suchsystemen inklusive deren Produzenten vielleicht besser verstehen. Die Akteur-Netzwerk-Theorie ist als Modell geeignet, um die Wirklichkeit des Zusammenspiels von menschlichen (Nutzende, ITler, BibliothekarInnen, Oberflächen-Designer, InformationsarchitektInnen usw.) und nicht-menschlichen Akteuren (Katalogisierungsregeln, Normdaten, Metadaten, Struktur der Daten, maschinelle Indexierung, Katalog-Software, Oberflächengestaltung usw.) beim Recherchieren zu erklären.

Die konkrete Recherche wird eigentlich wirklich sozial konstruiert! Das reale Recherche-Ergebnis wird durch eine Vielzahl von Faktoren in Form menschlicher und nicht-menschlicher Akteure beeinflusst. So wird die konkrete Wirklichkeit der Recherche in einem Katalog zunächst zwischen Nutzendem und System ausgehandelt (klassisches Modell des Information Retrieval). Die Wahl der Suchbegriffe des Nutzenden beeinflusst das Recherche-Ergebnis, das aber auch von einer Vielzahl anderer Komponenten abhängt:

  • Vielleicht wird durch Indexierung und Berücksichtigung von Normdaten wie der Schlagwort-Normdatei automatisch nach Synonymen mit gesucht, ohne dass der Nutzende dies merkt.
  • Die Rechercheerfahrung und Informationskompetenz aber auch die fachliche Kompetenz des Nutzenden beeinflussen das Ergebnis.
  • BibliothekarInnen versuchen durch Informationskompetenz-Aktivitäten die Kompetenz des Nutzenden zu fördern. Dies kann unmittelbar durch Ausnutzen von ‚teachable moments‘ auf direkter menschlicher Ebene erfolgen, aber auch mittelbar durch die Gestaltung nicht-menschlicher Akteure, wie dem Angebot von Drill-Down-Menüs über die Recherche-Oberfläche.
  • Veraltete Katalogisierungsregeln als nichtmenschliche Akteure erschweren eventuell die Recherche, können aber vielleicht teilweise durch verbesserte Indexierung oder bessere Oberflächengestaltung "neutralisiert" werden.
  • Bei manchen Recherchesystemen beeinflusst auch das Verhalten bzw. Recherchieren anderer Nutzender die Ergebnisse. (vgl. auch dieses Exzerpt (rtf-Datei!) aus einem Aufsatz. Ich biete dieses sonst im Rahmen von Citavi-Workshops zum Üben der Verknüpfung zwischen Literaturverwaltung und Textverarbeitung an.)

Obiges hatte ich schon vor einiger Zeit geschrieben und eigentlich wollte ich das ganze noch weiter ausführen, aber irgendwie komme ich nicht dazu. Daher hier unfertig, wie manches in diesem Blog!