Verbesserung der Lehre an den Hochschulen

In der Wochenzeitung Zeit, Nr. 6 vom 1.2.2007, S. 39, wurde berichtet, dass die Lehre an den Hochschulen stärker in den Vordergrund kommt und sich der Wissenschaftsrat für eine stärkere Ausrichtung der Lehrenden auf die Bedürfnisse der Studierenden engagiert: Kasten „Mehr Lehrer, weniger Forscher : Neuer Typ gefragt“ (Jan-Martin Wiarda). Gleichzeitig gab es ein Interview mit Jürgen Zöllner, Berliner Bildungssenator, und Ulrich Herbert, Mitglied des Wissenschaftsrates, unter der Überschrift „Auch die Lehre soll sich lohnen“.

Dazu folgendes aus einem von mir verfassten, aber leider nicht abgedruckten Leserbrief zum Thema:

Die Beiträge zur unstreitbar notwendigen, verstärkten Schwerpunktsetzung im Bereich der Lehre an den deutschen Hochschulen suggerieren – auch durch das zugehörige Foto – das Verbesserung der Lehre hauptsächlich bedeutet, mehr brilliante Redner, die – perfekt mit Powerpoint umgehend – weiterhin ihre Vorlesungen halten, seien die Lösung, um die Qualität der Lehre in der modernen Massenuniversität zu verbessern.

Verbesserung der Lehre umfasst aber auch das Nachdenken darüber, was in der modernen Informationsgesellschaft gute Lehre eigentlich ist bzw. wie das Lernen der Studierenden, um die es ja eigentlich geht, besser unterstützt werden kann. Hier sind u.a. folgende Punkte zu berücksichtigen:

  1. Ein Perspektivwechsel der Sicht auf Lehrende und Studierende bzw. Lernende ist notwendig. Lehrende moderieren und ermöglichen Lern-Erfahrungen ihrer Studierenden. Studierende sind eher als Mit-Produzenten denn als Kunden der Universitäten aufzufassen, wie es der Präsident der Universität Lüneburg Sascha Spoun einmal in einem Vortrag ausdrückte.
  2. In diesem Sinne umfasst gute Lehre mehr projektorientierte Anteile, in denen nicht nur Fachwissen, sondern auch für die zukünftige Arbeitswelt notwendige Schlüsselkompetenzen benötigt werden. Eine wichtige Schlüsselkompetenz ist z.B. Informationskompetenz, nicht nur verstanden als Methodenkompetenz zur besseren Nutzung der Vielfalt der Informationswelt im Sinne der Kenntnis von Recherche- und Navigationsstrategien, sondern auch als Reflexionskompetenz z.B. zu Fragen des Geistigen Eigentums oder zu Problemen von Datenschutz und Privatsphäre („privacy“) in der Welt des Web 2.0 und sozialer Software. An wieviel deutschen Universitäten ist Letzteres curricular verankerter Teil der Lehre?
  3. Ein verstärkter, didaktisch motivierter Einsatz moderner Technologien ist ein Weg, mehr als nur einen Lerntyp – wie in einer Vorlesung – bei den Studierenden zu erreichen. Sinnvolle Beispiele sind etwa gute Podcasts (siehe den kurzen Beitrag Lernen 2.0 von Julian Hans in Zeit, Nr. 5, 25. Januar 2007), sicher aber nicht die aus der anfänglichen Euphorie beim E-Learning entstandenen Ideen gute Vorlesungen als Video aufzunehmen und an anderen Hochschulen „abzuspielen“.

Ich wünschte mir von der „Zeit“ in der Zukunft mehr Beiträge, die Beispiele für positives Lehren und Lernen an deutschen Universitäten aufzeigen. Ein Beispiel für den Schulbereich war z.B. der ermutigende Artikel „Eine Klasse für sich“ über die fünf mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichneten Schulen (Reinhard Kahl, Zeit, Nr. 51, vom 14.12.2006). Der zur Zeit zu beobachtenden Aufschwung der Hochschuldidaktik sollte derartige positiven Beispiele auch im Hochschulbereich, die es zweifellos auch schon jetzt gibt, vermehren.