Plagiate – Telepolis-Artikel von Stefan Weber

In der Zeitschrift Telepolis hat der Medienwissenschaftler Stefan Weber im letzten Jahr mehrere Beiträge zum Thema Plagiate veröffentlicht:

TP: Wissenschaft als Web-Sampling: Wie an Universitäten in Windeseile eine Textkultur ohne Hirn entstanden ist – Teil 3 (15.12.2006)

TP; Die abschreibende Zunft: Neue Fälle von dreistem Textklau stellen die wissenschaftliche Selbstkontrolle in Frage – Report eines akademischen Whistleblowers und „Plagiatsjägers“ Teil 2 (01.12.2006)

TP: Textueller Missbrauch: Plagiarismus, Redundanz, Bläh-Rhetorik: Zur Krise der ulturwissenschaften durch den Einzug des Copy/Paste-Paradigmas – Teil 1 ((23.11.2006)

Weber hat auch ein Buch zum Thema veröffentlicht: Das Google-Copy-Paste-Syndrom : wie Netzplagiate Ausbildung und Wissen gefährden / Stefan Weber. Hannover : Heise, 2007. Das in Webers Beiträgen behandelte Thema kann durchaus als eines der wichtigsten Punkte einer zukünftigen Informationskompetenz gesehen werden. Webers Beiträge stellen einen auf eigenen Erfahrungen beruhenden Feldzug gegen Netzplagiate, der in manchen Passagen für mich allerdings etwas zu Religiös-Kreuzzughaftes wirkt. Das Buch regt einen zu einigem Nachdenken an. Die tiefergehende Problematik wird für mich nur am Rande angesprochen. Sehr interessant zu lesen in diesem Sinne sind die Kommentare zu Webers Artikeln in Telepolis!

Im Zeitalter von Open Access und Creative Commons sind die Grenzen zwischen Plagiat und originalem Beitrag in einem gewissen Sinne fliessend, besonders beim von Weber sogenannten „Ideenplagiat“ (S. 47 des Buches). Wie entsteht überhaupt eine neue Idee? Was bedeutet Kreativität hinsichtlich von Ideen. Das sind die viel wichtigeren Fragen, die die Thematik stellt! Eigentlich kann man sich heutzutage nicht sicher sein, dass eine Idee wirklich die eigene ist? Ich bin mir jedenfalls bei manchen Ideen nie sicher diesbezüglich! Könnte es nicht sein, dass man bei dem Information Overload, der täglich auf einen einwirkt, manches wahrnimmt, vergisst und dieses plötzlich aus dem Unterbewusstsein als „eigene Idee“ wieder auftaucht. Ist die Gestaltung eines eigenen Weblogs, der aus gefilterten Beiträgen der Welt der Information besteht, irgendwann eine eigene geistige Leistung? Kreativität kann doch heute auch heissen, aus der vorhandenen Informationsvielfalt bestimmte Aspekte herauspicken, diese neu zusammenstellen und fertig ist ein neues Produkt oder eine neue Idee. Wahrscheinlich gibt es so etwas wie eine alte und eine neue Kreativität bezüglich von Ideen!? Es gibt ja auch verschiedenen Formen von Kreativität. Kann der Begriff Schöpfungshöhe, der ja wohl im Urheberrecht steht, wirklich definiert werden und ist er ein Produkt einer Aushandlung zwischen gesellschaftlichen Kräften?

Man landet also so auch bei Kritik am bestehenden Urheberrecht, das ja auch erst im Laufe des Buchdruckes und gesellschaftlicher Entwicklung entstanden ist. Selbst der Begriff des Autors kann ja als gesellschaftliche Konstruktion angesehen werden! Alternative Lizenz-Modelle wie Creative Commons betonen z.B. gerade das „Share, reuse, and remix – legally“ und auch die damit mögliche Förderung von Kreativität.

Das Entscheidende bei der von Weber angesprochenen Plagiatsproblematik im Rahmen wissenschaftlichen Arbeitens ist sicherlich das korrekte Zitieren bzw. generell die Namensnennnung, wenn man Ideen und Werke anderer verwendet. Aber was, wenn sich die Welt der Information in Richtung der von Jorge Luis Borges beschriebenen Bibliothek von Babel entwickelt, die alle Bücher oder elektronischen Werke enthält, die aus der Kombination von allen möglichen Zeichen kombinatorisch konstruiert werden können. Dies ist dann eine Welt, in der kein Plagiat möglich ist bzw. alle Werke Plagiate sind. Sind wir auf dem Weg dorthin?