Mit dem Buch "The Scientific Journal : Authorship and the Politics of Knowledge in the Nineteenth Century" (University of Chicago Press, 2018) zeigt Alex Csiszar, dass die heutigen Formate und Werkzeuge wissenschaftlicher Kommunikation wie Zeitschriften, Zitier-Datenbanken, das Peer Review u.a. eine Geschichte haben und dass deren Entstehen Auswirkungen darauf hatte, wie Wissenschaft funktioniert, von Wissenschaft Treibenden "gelebt" wird sowie wie Wissenschaft von Öffentlichkeit und Politik wahrgenommen wird.
„Formats and genres [of creating and publishing scientific knowledge] have epistemic consequences.“ (S. 3)
Eine Reihe der Aufsätze von Alex Csiszar sind zur Zeit frei zugreifbar:
- The catalogue that made metrics, and changed science. Nature 551, 163–165, 9 November 2017
- How lives became lists and scientific papers became data: cataloguing authorship during the nineteenth century. British Society for the History of Science 50, 23–60, 2017.
- Peer review: Troubled from the start. Nature 532, 306–308, 21 April 2016
- Objectivities in Print. In Objectivity in Science, 145-169. Dordrecht: Springer, 2015.
- Serialität und die Suche nach Ordnung. Der wissenschaftliche Druck und seine Probleme während des späten 19. Jahrhunderts. zfm Zeitschrift für Medienwissenschaft 7, 2, 19-46, 2012.
Die Schriften von Csiszar fügen sich ein in eine Reihe weiterer wissenschaftshistorischer Werke, die zeigen, wie institutionelle Veränderungen der Art, wie Wissenschaft getrieben wurde, etwa in Bezug zu Universitäten oder zu Kommunikationsmitteln, immer auch Auswirkungen darauf haben, wie Ergebnisse von Wissenschaft veröffentlicht werden und welche ethische Sicht auf gute wissenschaftliche Praxis sich ausbildet.
Dies erscheint verwandt zu aktuellen Fragen zur Zukunft von Universitäten und des wissenschaftlichen Wissens. So werden etwa durch die Tendenz zu Offenheit, zu Themen wie Open Access und Open Science, als aktuelle Herausforderung für die Wissenschaften besonders Aspekte von Wissenschaftlichkeit und die Qualität von Wissenschaft betont und kritisch hinterfragt (vgl. zum Letzteren meinen Text: Wissenschaft und Offenheit, Preprint 2018).
Der amerikanische Historiker Chad Wellmon (Organizing enlightenment. Information overload and the invention of the modern research university. Baltimore: Johns Hopkins University Press 2015) betont, dass das Erkennen in der Wissenschaft immer auch mit Ethik, also mit wertorientierten wissenschaftlichen Handlungen, verbunden ist.
„[…] the research university, for which epistemology was always inextricable from ethics“ (S.8)
Gerade die institutionelle Entwicklung der Wissenschaft in Universitäten verbunden mit einer immer stärkeren Ausdifferenzierung der Disziplinen war, wie Wellmon zeigt, eine Antwort auf Fragen, welches Wissen wie legitimiert wird und eine Reaktion auf Entwicklungen des ausufernden Publikationswesens am Ende des 18. Jahrhunderts („information overload“).
Beschreibt Wellmon Herausforderungen an Wissenschaftlichkeit zur Wende zum 19. Jahrhundert, so hinterfragt der Wissenschaftshistoriker Paul Ziche (Wissenschaftslandschaften um 1900. Philosophie, die Wissenschaften und der
nichtreduktive Szientismus. Zürich: Chronos 2008) das Verständnis von Wissenschaftlichkeit am Beginn des 20. Jahrhunderts im Rahmen pluralistischer „offener Wissenschaftslandschaften“, in denen es zu einem pluralistischen, nichtreduktiven Verständnis von Wissenschaft kommt, das nicht in Relativismus abgleitet.