Information hat Geschichte – Neue Publikationen

Festschrift für einen Spiritus Rector der Informationsgeschichte: W. Boyd Rayward

Boyd Rayward ist einer derjenigen, ohne den es die Informationsgeschichte nicht in der Form gegeben hätte, wie sie sich z.B. auch in diesem Blog immer wieder darstellt. Deutlich wird dies auch in der Festschrift, die Boyd Rayward zu Ehren gerade in zwei Themenheften der Zeitschrift Library Trends unter dem Titel "Essays in Honor of W. Boyd Rayward" publiziert wurde.

Volume 62, Number 2, Fall 2013 umfasst im ersten Teil auf Boyd bezogene Beiträge, während der 2. Teil Aufsätze zur Geschichte von "Documentation, Classification, and Information Management" bietet. Für mich besonders interessant ein Beitrag des amerikanischen Architektur-Historikers Nader Vossoughian zur von Wilhelm Ostwald mitgegründeten Brücke: On the Organization of geistige Arbeit: Historical Reflections on Die Brücke.

Volume 62, Number 3, Winter 2014 widmet sich dann in seinen Texten historischen Betrachtungen zu Bibliotheken, Museen und Archiven. Abgeschlossen wird die Festschrift durch einen Teil zur Informationsgeschichte als Fach.

Leider sind die Beiträge der Festschrift nur subskriptionsbasiert zugänglich. Immerhin werden die Hefte der Zeitschrift Library Trends nach zwei Jahren Open Access über "IDEALS, the Illinois Digital Environment for Access to Learning and Scholarship at the University of Illinois at Urbana-Champaign (UIUC)" angeboten. Zugänglich sind hier die Ausgaben seit dem ersten Heft aus dem Jahre 1952. Das Ganze stellt also selbst eine Quelle zur Bibliotheksgeschichte dar!

Die Open-Access-Policy des Verlages erlaubt zudem den Autoren dankenswerterweise das Verlags-PDF auf das Institutional Repository der eigenen Institution zu stellen:

Mein eigener Beitrag mit dem Titel "Julius Hanauer: Bio-Bibliographical Traces of a German Special Librarian, Esperantist, and Documentalist" bietet eine biografische Skizze dieses fast vergessenen jüdischen Physikers und Sozialdemokraten, der bei Röntgen im Insitut mitgerabeitet hat und später bei Paul Otlet am Institut International de Bibliografie arbeitete, als Arbeiterbibliothekar tätig war und letztendlich die Firmenbibliothek der AEG in Berlin leitete. Die Dezimalklassifikation als universales Erschließungsmittel propagierte Hanauer schon seit dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, in dem er auch die erste öffentliche Musikbibliothek in Deutschland in Frankfurt a.M. 1904 mit initiierte. Auch die Esperanto-Bewegung in Deutschland hat ihm viel zu verdanken.

"Information beyond borders" – Beiträge der 4. von Boyd Rayward federführend organisierten Konferenz zur Geschichte der Information

Die Proceedings der 4. von Boyd Rayward organisierten Konferenz zur Informationsgeschichte sind nun erschienen:
Information beyond borders : international cultural and intellectual exchange in the Belle Epoque / Ed. by W. Boyd Rayward. Farnham, Surrey: Ashgate, 2014.

Hier die Titel nur einiger der vielen interessanten Aufsätze des Bandes:

  • Organizing a global idiom : Esperanto, Ido and the World Auxiliary Language Movement before the First World War (Markus Krajewski).
  • Beyond Babel : Esperanto, Ido and Louis Couturat’s pursuit of an international scientific language (Fabian de Kloe). Die Aufsätze von Krajeweski und de Kloe zeichnen das Umfeld der Weltsprachenbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts nach.
  • Collecting paper : Die Brücke, the bourgeois interior, and the architecture of knowledge (Nader Vossoughian). Noch ein Aufsatz zur Brücke von Vossoughian.
  • Dynamics of networks and decimal classification systems, 1905-35 (Charles van den Heuvel). Ein Beitrag zum niederländischen Pendant zu Julius Hanauer als Promoter der Dezimalklassifikation Fritz Donker Duyvis.

Die Liste der 4 Konferenzen:

Auch Urheberrecht hat Geschichte: Faszinierendes Buch von Monika Dommann zur Medien-, Technik-, Rechts-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte des Copyrights!

In einem Interview auf Zeit Online (22. März 2014) mit dem Titel „Das Neue entsteht nie da, wo man es erwartet“ erläutert die Historikerin Monika Dommann die Ursprünge heutiger Urheberrechts-Konflikte. Das von Monika Dommann gerade publizierte Buch "Autoren und Apparate: Die Geschichte des Copyrights im Medienwandel (Frankfurt am Main: S. Fischer, 2014) mit so schönen Kapitel-Überschriften wie "Buchbilder", "Zelluloidzirkulationen" oder "Informationsfluss" zeigt, wie technische Möglichkeiten die Mediennutzung (Reproduktionstechniken, Mikrophotografie, Kopiergeräte u.a.) und die damit zusammenhängenden rechtlichen Bedingungen beeinflusst haben, diese Traditionen auch im Zeitalter von Computer und Internet weiterhin wirken und auch als Teil der Bibliotheks- und Informationsgeschichte zu sehen sind.

In dem oben erwähnten Aufsatz zu Julius Hanauer bin ich schon einmal auf Dommann gestoßen:

„Hanauer often used UDC notations as abbreviations in his letters. They were, in a sense, used like an international auxiliary language. For example, he wrote to Otlet asking, “Have you [i.e., Brussels] reviewed the question 347.78 in regard to photocopies sometime or other?”16 The classification 347.78 is the UDC notation for “intellectual property.” This time period marked the first discussions of intellectual property in relation to copying (Dommann, 2008, pp. 45–47).“

Ganz im Sinne der Weltsprachenbewegung nutzte Hanauer die Dezimalklassifikation auch als "Sprache" in der Kommunikation mit Fachkollegen.